Rücktritt vom Wohnmobil-/Wohnwagenkaufvertrag
Rechtsanwalt Horst-Oliver Buschmann
Der Rücktritt vom Kaufvertrag eines Wohnmobils oder Wohnwagens kann möglich sein, wenn das Wohnmobil oder Wohnwangen mangelhaft sind. Im Mittelpunkt der Beratung steht daher, ob der „richtige Moment“ für den Rücktritt gekommen ist. Als Faustformel gilt, dass der Verkäufer zunächst aufgefordert werden muss, den Mangel zu beseitigen. Bleibt die Mängelbeseitigung erfolglos, kann der erfolgreiche Rücktritt vom Kaufvertrag möglich sein. Wann genau ist der richtige Moment, den Rücktritt vom Kaufvertrag eines Wohnmobils oder Wohnwagens zu erklären? Wie wird eine bereits erfolgte Nutzung verrechnet? Und wie muss sich der Käufer konkret verhalten, wenn der Rücktritt erklärt wird (Wohnwagen auf den Hof vom Verkäufer stellen)? Und wann haben Gerichte einen Rücktritt vom Kaufvertrag eines Wohnmobils oder Wohnwagens anerkannt? Dieser Beitrag klärt auf.
1. Welche Rechte hat der Käufer eines mangelhaften Wohnmobils oder Wohnwagens
4. Nutzungsersatz (Vergütung für Gebrauchsvorteile)
1. Die Rechte des Käufers eines mangelhaften Wohnmobils oder Wohnwagens
Wie bei jedem anderen Kaufvertrag auch, schuldet der Verkäufer dem Käufer, dass die Ware – hier das Wohnmobil oder der Wohnwagen – bei der Übergabe mangelfrei ist.
Tritt in der Folgezeit ein Mangel am Fahrzeug auf, hat der Käufer gegen den Verkäufer vorrangig einen Anspruch auf Mängelbeseitigung (Reparatur). Der Käufer muss hierbei darlegen und im Streitfall beweisen, dass es sich bei dem aufgetretenen Fehler tatsächlich um einen Sachmangel handelt. Es gilt hier der Grundsatz, dass der Verkäufer nur für Mängel am Fahrzeug haftet, nicht jedoch für normalen Verschleiß.
Die Verjährungsfrist für Mängelansprüche, beträgt grundsätzlich 2 Jahre ab Ablieferung der Ware. Diese Frist kann bei Gebrauchtfahrzeugen auf ein Jahr verkürzt werden, wenn der Käufer ein Verbraucher. d.h. Privatperson ist und die Verkürzung der Verjährung im Kaufvertrag ausdrücklich vereinbart worden ist.
Tritt der Mangel innerhalb der ersten 12 Monate nach der Übergabe des Wohnmobils auf, wird gesetzlich vermutet, dass der Mangel bereits bei der Übergabe mangelhaft gewesen ist. Tritt der Mangel bei einem Neufahrzeug hingegen erst nach mehr als einem Jahr auf, muss der Käufer beweisen, dass die Mangelursache bereits bei der Übergabe vorhanden war.
Ist nachgewiesen, dass es sich um einen Sachmangel handelt und kommt der Verkäufer seiner Reparaturpflicht nicht innerhalb einer angemessenen Frist nicht nach oder scheitert der Reparaturversuch, so kann der Käufer vom Kaufvertrag zurücktreten. Zudem kann er am Kaufvertrag festhalten und den Kaufpreis mindern.
Weitere Einzelheit zum richtigen Vorgehen des Käufers bei einem Sachmangel am Fahrzeug finden Sie hier für den Kauf von einem Händler und hier für den Kauf von Privat.
Ist die Mängelbeseitigung fehlgeschlagen oder hat der Verkäufer den Mangel nicht innerhalb einer angemessenen Frist beseitigt, kann der Käufer gegenüber dem Verkäufer den Rücktritt vom Kaufvertrag erklären. Akzeptiert der Verkäufer den Rücktritt, muss der Käufer das Wohnmobil bzw. den Wohnwagen an den Verkäufer herausgeben und erhält von diesem den Kaufpreis abzüglich eines Nutzungsersatzes (für gefahrene Kilometer).
Weigert sich der Verkäufer, das Wohnmobil zurückzunehmen, weil er der Meinung ist, dass gar kein Sachmangel vorliegt. muss Klage auf Rückabwicklung des Kaufvertrages beim zuständigen Gericht erhoben werden.
3. In diesen Fällen haben Gerichte den Rücktritt vom Kaufvertrag eines Wohnwagens oder Wohnmobils anerkannt
OLG Stuttgart, Urteil vom 12.05.2016 – Az. 1 U 133/13
In der dortigen Entscheidung verlangt der Kläger vom Autohaus die Rückabwicklung eines Kaufvertrages über ein Wohnmobil.
Der Kläger erwarb von der Beklagten ein Wohnmobil zum Preis von knapp 180.000 €. Mit diesem war der Kläger unzufrieden und gab es bei der Beklagten mehrfach in die Werkstatt. Er vereinbarte schließlich mit der Beklagten, dass sie ein im Wesentlichen baugleiches zweites Wohnmobil herstellt. Dieses übernahm der Kläger unter Zahlung eines Aufpreises von rund 10.000,00 € und gab das erste Wohnmobil an die Beklagte zurück.
Auch mit dem zweiten Wohnmobil war der Kläger unzufrieden und begab sich mehrfach zur Beklagten in die Werkstatt. Der Mangel lag darin, dass das elektrische Rollo an der Frontscheibe beim Hochfahren nach ca. 25 cm stehenblieb. Zusätzlich ertönte ein akustisches Warnsignal und das Controlpanel zeigte einen unklaren Spannungsabfall.
Der Kläger erklärte den Rücktritt vom Kaufvertrag.
Das OLG Stuttgart hat im Berufungsverfahren in dem defekten Frontrollo trotz verhältnismäßig geringer Reparaturkosten von weniger als 5 Prozent des Kaufpreises einen erheblichen Sachmangel gesehen, da im vorliegenden Fall das Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigung zu berücksichtigen sei. So könne man mit einem nicht vollständig hochgefahren Frontrollo nicht losfahren, weil der Blick durch die Frontscheibe versperrt sei.
Der Kläger musste sich einen Nutzungsersatz von knapp 49.000 € für gefahrene Kilometer anrechnen lassen.
OLG Hamm, Urteil vom 10.03.2011 – Az. 28 U 131/10
Der dortigen Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Der Händler hat ein gebrauchtes Wohnmobil angekauft. Während der Besitzzeit des Vorhalters war Wasser auf der Beifahrerseite am Übergang der Hutze zum Dach eingedrungen. Dies teilte der Vorhalter dem Händler nicht mit. Der Händler habe nach eigenen Angaben eine Feuchtigkeitsmessung vorgenommen, den Wasserschaden jedoch nicht festgestellt.
Der Klägerin erwarb dieses Wohnmobil für knapp 36.600 € von dem Händler.
Kurz nach der Übergabe stellte der Kläger Feuchtigkeit im Innenraum fest. Er führte das Fahrzeug dem Händler vor. Der Händler erklärte, dass es sich um eine leichte Undichtigkeit handeln würde.
Der Kläger stellte kurze Zeit später einen „massiven Feuchtigkeitseinbruch” fest. Wasser war auf der Beifahrerseite im Dachbereich vorne rechts eingedrungen. Der Beifahrersitz war durchnässt. Der Kläger suchte sodann einen Vertragshändler des Herstellerunternehmens auf. Dieser teilte mit, dass das Fahrzeug nach einem in der Vergangenheit eingetretenen Feuchtigkeitsschaden nur “laienhaft instand gesetzt” worden sei. Der Schaden sei “mindestens ein halbes Jahr alt”; es sei schon einmal “herumgepfuscht” worden.
Der Verkäufer versuchte den Schaden zu beseitigen. Allerdings war der Reparaturversuch ungeeignet, den Schaden zu beseitigen. In der Konsequenz traten durch diesen Nachbesserungsversuch Schimmelpilze auf.
Der Kläger erklärte den Rücktritt vom Kaufvertrag.
Das OLG Hamm gab dem Kläger in zweiter Instanz recht.
Der Kläger war nicht verpflichtet, dem Verkäufer vor dem Rücktritt eine zweite Reparaturmöglichkeit einzuräumen. Dem Verkäufer waren bei dem ersten Reparaturversuch gravierende Ausführungsfehler unterlaufen, Auch war der Reparaturversuch von vornherein nicht auf eine nachhaltige, sondern nur eine provisorische Mängelbeseitigung angelegt war. In diesem Fall braucht sich der Kunde nicht auf einen zweiten Reparaturversuch einzulassen.
LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 01.10.2013 – 12 O 8990/12
Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde.
Der Kläger erwarb von dem Verkäufer ein gebrauchtes Wohnmobil zum Preis von 14.300 €. Hierbei handelte es sich um einen Privatverkauf, d.h. einen Vertrag zwischen zwei Privatpersonen.
Die Parteien nutzten ein ADAC-Kaufvertragsformular. In dem Kaufvertrag hieß es unter anderem „Das Wohnmobil wird unter Ausschluss der Sachmängelhaftung verkauft“. Zudem fand sich folgende Angabe durch Ankreuzen eines Kästchens unter Punkt 1.3: „Der Käufer garantiert, dass das Wohnmobil in der Zeit, in der es sein Eigentum war, keinen Wasser-/Feuchtigkeitsschaden erlitten hat“.
Kurz nach der Übergabe des Wohnmobils stellte der Kläger fest, dass das Wohnmobil es im Heckbereich einen massiven Wasser- bzw. Feuchtigkeitsschaden aufweist.
Der Kläger erklärte gegenüber dem Verkäufer den Rücktritt vom Kaufvertrag und forderte ihn – vergeblich – zur Rückzahlung des Kaufpreises auf.
Die Klage hatte weitestgehend Erfolg.
Das Wohnmobil sei mangelhaft gewesen, da der Heckboden im Bereich des Übergangs zur Heckwand teilweise aufgequollen und stark brüchig sei. Auch sei ein starker und fortgeschrittener Feuchtigkeitseindrang erkennbar.
Der Verkäufer kann sich nicht auf den vertraglich vereinbarten Haftungsausschluss berufen, da er den vorliegenden Sachmangel jedoch nicht umfasst. Die Angabe des Beklagten im Kaufvertrag, dass das Fahrzeug während seiner Eigentumszeit keinen Wasser-/Feuchtigkeitsschaden erlitten hat, sei als Beschaffenheitsangabe zu verstehen. Angesichts der langen Nutzungszeit des Beklagten von acht Jahren könne die Erklärung zur Beschaffenheit des Fahrzeugs bei lebensnaher Betrachtung nur so verstanden werden, dass das Wohnmobil im Zeitpunkt des Vertragsschlusses keinen Wasserschaden aufweist. Dies gelte umso mehr, als der Beklagte auch mündlich auf ausdrückliche Nachfrage des Käufers erklärt habe, ein Wasserschaden sei nicht vorhanden.
Ein pauschaler formularmäßiger Ausschluss der Sachmängelhaftung sei jedoch regelmäßig dahin gehend auszulegen, dass er nicht für das Fehlen einer vereinbarten Beschaffenheit gelten soll. Folglich sei die Beschaffenheitsangabe nicht unverbindlich. Vielmehr bleibe es bei der gesetzlichen Haftung des Beklagten für den Wasserschaden.
4. Nutzungsersatz (Vergütung für Gebrauchsvorteile)
Im Rahmen der Rückabwicklung des Kaufvertrages muss der Käufer das Fahrzeug nicht nur an den Verkäufer zurückgeben, sondern auch einen Nutzungsersatz (z.B. für die gefahrenen Kilometer) an diesen erstatten.
Anders als bei einem Pkw, bei dem als Berechnungsgrundlage die zu erwartende Gesamtlaufleistung dient, ist bei einem Wohnmobil/Camper als Berechnungsgrundlage von der voraussichtlichen Gesamtnutzungsdauer („Lebenszeit“) des Fahrzeugs auszugehen, da zu dessen bestimmungsgemäßen Nutzung – anders als bei einem Pkw – nicht nur das Fahren, sondern auch das Wohnen auf Rädern gehört.
Die voraussichtliche Gesamtnutzungsdauer ist fahrzeugbezogen und ggf. durch einen Sachverständigen zu ermitteln.
Beratung: ab 80,00 €, Details hier.
Vertretung:
Kalkulieren Sie folgende Kosten (Grundpreis) für Mandate dieser Art bei einem angenommenen Kaufpreis von 45.000,00 €:
Eigene Anwaltskosten außergerichtlich: 1.877,11 €
Eigene Anwaltskosten nur Gerichtsverfahren: 3.587,85 €
Rechtsschutzversicherung? Wer eine Verkehrsrechtsschutzversicherung hat, kann in aller Regel davon ausgehen, dass diese die Kosten für einen Rechtsstreit übernimmt. Gerne setzte ich mich diesbezüglich mit Ihrer Rechtsschutzversicherung in Verbindung.
Bei Interesse rufen Sie mich an (0511 – 220 620 60) oder mailen mir (buschmann@tarneden.de)