Rücktritt vom Autokaufvertrag (Kauf von Privat)
Rechtsanwalt Horst-Oliver Buschmann
Der Rücktritt vom Kaufvertrag nach Autokauf von Privat weist viele Besonderheiten auf. Hintergrund ist, dass bei Kauf von Privat in aller Regel ein Haftungsausschluss vereinbart wird. Schwierigkeiten ergeben sich zudem daraus, dass beim Autokauf von Privat die Beweislastumkehr zugunsten des Käufers nicht gilt. Dennoch kann ein Rücktritt vom Autokaufvertrag von Privat erfolgreich sein. Wann kann ein Haftungsausschluss unwirksam sein? Was gilt, wenn eine Beschaffenheitsvereinbarung nicht eingehalten wird? Kann der Rücktritt erklärt werden, wenn nach Übergabe ein unbekannter Vorschaden bekannt wird oder eine Mangel auftritt? Dieser Beitrag gibt eine wertvolle Orientierung. Ich vertrete bundesweit seit fast 15 Berufsjahren Käufer und Verkäufer von Autos.
1. Wurde ein vollumfänglicher Haftungsausschluss für Mängel vereinbart?
2. Beschaffenheitsvereinbarung oder arglistige Täuschung durch den Verkäufer
4. So wird der Rücktritt erfolgreich durchgesetzt
5. Anwaltskosten / Rechtsschutzversicherung
1. Wurde ein vollumfänglicher Haftungsausschluss für Mängel vereinbart?
a)
Grundsätzlich ist auch ein privater Verkäufer verpflichtet, dem Käufer ein mangelfreies Fahrzeug zu übereignen. Treten später Mängel auf, muss der Verkäufer den Mangel beseitigen. Macht er dies nicht, kann der Käufer vom Kaufvertrag zurücktreten.
Allerdings gilt die Gewährleistung bei Privatverkäufern anders als beim Kauf von einem Händler nicht uneingeschränkt.
Vielmehr dürfen private Verkäufer eine Haftung für Mängel vollumfänglich ausschließen.
Daher sind Klauseln wie „unter Ausschluss jeglicher Gewährleistung“ „Verkauf ohne Gewähr“, „ohne Garantie verkauft“, „gekauft wie gesehen“ oder auch „wie besichtigt und probegefahren“ bei Kaufverträgen zwischen Privatpersonen regelmäßig anzutreffen. Damit ein Gewährleistungsausschluss beim Privatverkauf rechtsgültig ist, muss er allerdings korrekt formuliert sein.
Mit einer Vertragsabrede wie „das Auto wird gekauft wie gesehen“ oder „wie besichtigt und probegefahren“ wird die Sachmängelhaftung in der Regel nicht vollständig ausgeschlossen. Ein Haftungsausschluss erfolgt in diesem Fall nur für solche Mängel, die bei einer den Umständen nach zumutbaren Prüfung und Untersuchung unschwer erkennbar sind. Wird in der Klausel Bezug genommen auf eine Besichtigung durch den Käufer, kommt es auf die Wahrnehmbarkeit des Mangels durch ihn und nicht darauf an, ob eine sachverständige Person den Mangel hätte entdecken oder zumindest auf dessen Vorliegen hätte schließen können und müssen.
Ist zwischen den Parteien streitig, ob der Käufer den Mangel hätte erkennen können, trägt der Verkäufer die Beweislast. Kann der Verkäufer den Beweis nicht erbringen, kann er sich dementsprechend nicht auf den Haftungsausschluss berufen und ist zur Mängelbeseitigung verpflichtet.
Hierzu ein Beispiel aus der Rechtsprechung:
OLG Oldenburg, Beschluss vom 28.08.2017 – 9 U 29/17
Die Klägerin kaufte von Privat einen gebrauchten Peugeot für gut 5.000,- €. Nach einiger Zeit stellte sie fest, dass das Fahrzeug einen erheblichen Vorschaden gehabt habe, von dem sie nichts gewusst habe. Sie wollte daher das Fahrzeug zurückgeben und ihren Kaufpreis zurückerhalten. Der Verkäufer bestritt einen Vorschaden und berief sich außerdem darauf, dass man mit der benutzen Formulierung „gekauft wie gesehen” Gewährleistungsansprüche ausgeschlossen habe.
Sowohl das Landgericht Aurich (1. Instanz) als auch das OLG Oldenburg (2. Instanz) gaben der Klägerin Recht.
Nach den Feststellungen des gerichtlichen Sachverständigen habe der Wagen einen erheblichen, nicht vollständig und fachgerecht beseitigten Unfallschaden. Beide Kotflügel wiesen Spachtelarbeiten und eine Neulackierung auf. Die Formulierung „gekauft wie gesehen” schließe einen Gewährleistungsanspruch der Klägerin nicht aus, da diese Formulierung nur für solche Mängel gelte, die ein Laie ohne Hinzuziehung eines Sachverständigen bei einer Besichtigung erkennen könne. Dass dem Verkäufer der Vorschaden ebenfalls nicht bekannt war, spiele keine Rolle, da eine Arglist für den Gewährleistungsanspruch des Verkäufers nicht Voraussetzung sei.
b)
In welchem Fällen kann der Rücktritt damit begründet werden, dass das Fahrzeug nicht der Beschreibung bei kleinanzeigen.de, mobile.de oder autoscout24.de entspricht?
Fast alle Autokäufe im Bereich „Kauf von Privat“ werden über kleinanzeigen.de, mobile.de oder autoscout24.de vermittelt.
Die entsprechenden Inserate enthalten Fahrzeugbeschreibungen und Haftungshinweise. Daher ist es rechtlich bedeutsam, ob die Fahrzeugbeschreibungen zutreffend sind und ob ein Gewährleistungsausschluss wirksam vereinbart ist.
Auch beim Kauf von Privat können Erklärungen über die Fahrzeugbeschaffenheit in einem Inserat im Fall eines Vertragsschlusses eine Beschaffenheitsvereinbarung begründen. Eine solche Beschaffenheitsvereinbarung führt dazu, dass sich der Verkäufer nicht auf den Gewährleistungsausschluss berufen kann, falls das Auto nicht die vereinbarte Beschaffenheit hat.
Eine ausdrückliche Beschaffenheitsvereinbarung wird immer dann anzunehmen sein, wenn die Angaben im Inserat in den Kaufvertrag aufgenommen werden.
Aber auch in dem Fall, dass die Angaben aus dem Inserat nicht im Kaufvertrag aufgeführt sind, kann eine (stillschweigende) Beschaffenheitsvereinbarung getroffen worden sein.
Will der Verkäufer nicht an seine Angaben im Inserat gebunden sein, muss er sie vor Vertragsschluss ausdrücklich korrigieren. Unterlässt er dies, kommt eine (stillschweigende) Beschaffenheitsvereinbarung zustande und der Verkäufer kann sich nicht auf einen Gewährleistungsausschluss berufen. Etwas anderes kann dann gelten, wenn die tatsächlichen Abweichungen vom Inserat für den Käufer mit zumutbarem Aufwand erkennbar waren (ähnlich für die Klausel „gekauft wie besichtigt“). In diesem Fall muss der Verkäufer nicht ausdrücklich hinweisen, dass ein bestimmtes Ausstattungsmerkmal tatsächlich nicht vorhanden ist.
Hierzu drei Beispiele
1. Landgericht Würzburg, Urteil vom 08.11.2016 – 16 S 44/16
Ein Privatverkäufer hat bei mobile.de ein Fahrzeug „Opel Adam 1.4 ecoFLEX Start/Stop Slam“ angeboten. Tatsächlich handelte es sich um einen Opel Adam Jam 1.4., eine weniger hochwertige Ausstattungsvariante. Der anschließende Kaufvertrag erfolgte unter Ausschluss der Gewährleistung. Im Kaufvertrag war nicht mehr von „Opel Adam 1.4 ecoFLEX Start/Stop Slam“ die Rede, sondern es fand sich lediglich die Eintragung „Opel Adam“.
Als der Käufer nach Vertragsschluss festgestellt hat, dass es sich nicht um die Variante „Opel Adam Slam“ handelt, machte er eine Kaufpreisminderung geltend.
Das Landgericht Würzburg hat die Klage abgewiesen.
Da im Kaufvertrag die Ausstattungsvariante nicht benannt war, kam eine ausdrückliche Beschaffenheitsvereinbarung nicht in Betracht.
Auch sei aus Sicht des Gerichts keine konkludente Beschaffenheitsvereinbarung durch den Inseratstext getroffen worden.
Es sei weder ersichtlich, dass der Verkäufer eine besondere Sachkunde für sich in Anspruch genommen hätte. Auch spreche vieles dafür, dass die Abweichungen von der Beschreibung im Internet für einen Laien mit zumutbarem Aufwand erkennbar waren (Fehlen der Start-Stopp-Automatik, Polster ohne Kunstleder, Felgen in 16-Zoll-Größe, offenbar kein Hinweis auf die Ausstattungsvariante durch Aufschrift). Nicht zuletzt spreche vieles dafür, eine Beschaffenheitsvereinbarung bereits deshalb zu verneinen, weil es dem Käufer ohne weiteres zuzumuten gewesen wäre, darauf hinzuwirken, dass ihm wichtig erscheinende Eigenschaften des gekauften Pkw in der Kaufvertragsurkunde aufgeführt werden.
Das Urteil wurde vom BGH bestätigt (BGH VIII ZR 271/16).
OLG Düsseldorf, Urteil vom 18.08.2016, Az.: I-3 U 20/15
Der Käufer erwarb beim Verkäufer über mobile.de einen Gebrauchtwagen. Der Verkäufer hatte dabei als Ausstattungsmerkmale unter anderem Head-Up Display, Sportfahrwerk, Sportpaket, und Sportsitze angegeben. Darüber hinaus enthielt das Inserat unter anderem die Aussage: “keine Kratzer/… die detaillierte Ausstattung erfahren sie von unserem geschulten Verkaufspersonal … Trotz größter Sorgfalt sind Inseratsfehler nicht ausgeschlossen, Irrtümer und Zwischenverkauf vorbehalten!!”.
Der Käufer besichtigte den Wagen vor Ort und kaufte ihn daraufhin. Nachdem er dann feststellte, dass ein erheblicher Teil der angegebenen Ausstattungsmerkmale fehlte, verlangte er die Rückabwicklung des Kaufvertrages.
Das OLG Düsseldorf gab dem Käufer recht.
Aus Sicht des Gerichts werde der Vertragsinhalt eines Online-Kaufs maßgeblich durch den Beschreibungstext bestimmt werde. Gebe der Verkäufer bestimmte werterhöhende Merkmale an, handle es sich in der Regel um Beschaffenheitsmerkmale.
Dass der Käufer das Fahrzeug vor Ort besichtigt habe, ändere hieran nichts. Dem Text im Inserat komme eine wichtige Bedeutung zu, da der potentielle Käufer die Angebote anhand dieser Beschreibung vorauswähle.
Etwas anderes könne nur dann gelten, wenn die fehlenden Eigenschaften offensichtlich und für den Käufer leicht erkennbar gewesen seien. Dies sei im vorliegenden Fall allerdings nicht der Fall gewesen.
Da dem Gebrauchtwagen die vertraglich vereinbarte Beschaffenheit fehle, habe der Käufer vom Vertrag zurücktreten können.
OLG Hamm, Urteil vom 24.09.2015 – Az: 28 U 144/14
Der Verkäufer inserierte einen Ford “Seven Plus”, Baujahr 1962, bei mobile.de. Im Inserat hatte der Verkäufer angegeben, dass das Fahrzeug eine „H-Zulassung” habe. Im Vorfeld des Vertragsschlusses teilte der Verkäufer dem Käufer auf dessen Nachfrage nochmals mit, dass das Fahrzeug „selbstverständlich bereits eine H-Zulassung“ habe.
Der Kaufvertrag wurde unter Ausschluss der Gewährleistung abgeschlossen. Im Kaufvertrag wurde die „H-Zulassung“ nicht aufgenommen. Das Fahrzeug war zuvor bereits mit einem H-Kennzeichen zum Verkehr zugelassen gewesen. Nach der Übergabe ließ der Käufer das Fahrzeug sachverständig begutachten. Die Begutachtung ergab, dass dem Fahrzeug früher zu Unrecht eine H-Zulassung zuerkannt worden sei, eine solche heute aber nicht mehr erteilt werden könne.
Der Käufer erklärte den Rücktritt vom Kaufvertrag. Der Verkäufer lehnte ab, da seine Angaben zur H-Zulassung nur eine unverbindliche Fahrzeugbeschreibung gewesen.
Das OLG Hamm gab dem Käufer recht.
Die Erklärungen im Inserat zur H-Zulassung seinen Gegenstand der vertraglichen Vereinbarung geworden. Auch bei einem privaten Verkauf habe der Käufer die Angaben des Verkäufers so verstehen dürfen, dass das Fahrzeug zu Recht eine H-Zulassung besitze. Mit der Beschreibung im Internet und in seiner E-Mail habe der Verkäufer den Eindruck erweckt, dass er umfassendes technisches und fachliches Wissen zu dem Fahrzeug habe. Dabei habe er mit seinen Angaben zur H-Zulassung beim Käufer die Vorstellung bewirkt, dass der Zustand des Fahrzeugs eine H-Zulassung rechtfertige und dass auch nicht das Risiko bestehe, diese später wieder zu verlieren. Der Verkäufer habe gegenüber dem Käufer auch nicht klargestellt, dass er nur einen früheren Zustand des abgemeldeten Fahrzeugs beschreiben wolle, ohne eigene gesicherte Erkenntnisse zur Frage der Zulassung zu haben. Der Umstand, dass die H-Zulassung im schriftlichen Vertrag nicht mehr ausdrücklich erwähnt werde, reiche für eine Zurücknahme der vor Vertragsschluss abgegebenen Erklärungen nicht aus.
c)
Folgen für den Käufer
Ein Privatverkäufer kann die Gewährleistung in einem Vertrag vollständig ausschließen. Auf diesen Gewährleistungsausschluss kann er sich allerdings nicht berufen, wenn er mit dem Käufer eine bestimmte Beschaffenheit des Fahrzeugs vereinbart hat.
Dem Käufer muss deshalb im Streitfall daran gelegen sein, eine Beschaffenheitsvereinbarung darlegen und beweisen zu können.
An die Angaben im Inserat, die sich später als unzutreffend herausstellen, ist der Verkäufer gebunden, wenn er den Käufer vor Vertragsschluss nicht ausreichend darüber informiert hat, dass bestimmte Angaben im Inserat tatsächlich nicht stimmen.
Etwas anderes kann allerdings dann gelten, wenn die fehlenden Ausstattungsmerkmale für den Käufer offensichtlich und leicht erkennbar gewesen sind oder wenn der Verkäufer eine besondere Sachkunde für sich beansprucht hat.
Vorsorglich sollte der Käufer vor Vertragsschluss mit dem Verkäufer darüber gesprochen haben, dass das Vorhandensein von bestimmten Ausstattungsmerkmalen für ihn kaufentscheidend ist. Erhebt der Verkäufer hierzu keine Einwände, kann auf den Abschluss einer Beschaffenheitsvereinbarung geschlossen werden.
Wenn der Käufer auf „Nummer sicher“ gehen will, muss er die angepriesenen Ausstattungsmerkmale des Fahrzeugs aus dem Inserat zum Gegenstand des Vertrages machen. Hier ist es ratsam, eine bestimmte Beschaffenheit des Fahrzeugs gemäß der Beschreibung im Inserat zu vereinbaren und diese Beschreibung dem Kaufvertrag als Anlage beizufügen.
2. Beschaffenheitsvereinbarung oder arglistige Täuschung durch den Verkäufer
Wenn der Haftungsausschluss wirksam vereinbart worden ist, hat der Käufer bei einem Mangel am Fahrzeug nur noch dann die Möglichkeit vom Kaufvertrag zurückzutreten, wenn
– eine konkrete Beschaffenheit des Fahrzeugs vereinbart war, die tatsächlich nicht vorhanden ist oder
– der Verkäufer den Sachmangel arglistig verschwiegen hat.
a. Beschaffenheitsvereinbarung
Eine Beschaffenheitsvereinbarung hat regelmäßig Vorrang gegenüber dem vertraglich vereinbarten Haftungsausschluss. Das heißt, dass sich der Verkäufer bei einem Verstoß gegen die Beschaffenheitsvereinbarung nicht auf den Haftungsausschluss berufen kann.
Allerdings genügt eine bloße Wissensmitteilung wie „unfallfrei, soweit bekannt“ nicht, um eine Beschaffenheitsvereinbarung anzunehmen.
Eine Beschaffenheitsvereinbarung muss nicht ausdrücklich vereinbart sein. Sie kann auch konkludent (durch schlüssiges Verhalten) oder stillschweigend zustande kommen. Dabei ist für die Beantwortung der Frage, ob eine bestimmte Beschaffenheit als vereinbart gilt, nicht nur auf die Beschreibung der Beschaffenheit im Kaufvertrag abzustellen, sondern es sind auch weitere schriftliche Angaben des Verkäufers an anderer Stelle des Vertragsformulars oder auch sonstiger Erklärungen des Verkäufers außerhalb der Vertragsurkunde in die Bewertung einzubeziehen.
Hierzu ein Beispiel aus der Rechtsprechung:
Amtsgericht Velbert, Urteil vom 16.11.2023 – 13 C 81/23
Die Käuferin erwarb von der Verkäuferin einen Pferdeanhänger zum Preis von 3.400 EUR, den diese zuvor bei ebay zum Kauf angeboten hat. Der Kaufvertrag wurde „unter Ausschluss der Sachmängelhaftung“ abgeschlossen. Ergänzend wurde im Kaufvertragsformular unter Sondervereinbarungen handschriftlich „gekauft wie gesehen, keine Gewährleistung“ eingetragen. Ferner findet sich unter Ziffer 1. des Kaufvertrages, in welchem es vorgedruckt heißt, dass der Verkäufer garantiert, dass das Kfz mit folgender Ausstattung / Zubehör sein uneingeschränktes Eigentum ist, die handschriftlich vorgenommene Eintragung „Bodenplatte vor ca. 2-3 Jahre erneuert”.
Da die Käuferin nach der Übergabe unter einer Gummimatte angesammeltes Wasser fand, wurde der Pferdeanhänger vom Hersteller untersucht. Ein Mitarbeiter des Herstellers teilte der Klägerin mit, dass die Reparatur (Erneuerung der Bodenplatte) nicht fachmännisch durchgeführt worden sei. Auf die defekte, weil wegen Nässe durchweichte Bodenplatte sei eine zusätzliche, sehr schwere Holzplatte in zwei Teilen aufgeschraubt worden. Diese Holzplatte sei nur schlecht bzw. gar nicht abgedichtet und versiegelt worden.
Da die Verkäuferin keine Mängelbeseitigung durchführte, erklärte die Klägerin den Rücktritt vom Kaufvertrag.
Das Amtsgericht Velbert gab ihr Recht.
Für die Beantwortung der Frage, ob eine bestimmte Beschaffenheit als vereinbart gilt, ist sei nicht nur auf die Beschreibung der Beschaffenheit im Kaufvertrag abzustellen, sondern es sind auch weitere schriftliche Angaben des Verkäufers an anderer Stelle des Vertragsformulars oder auch sonstiger Erklärungen des Verkäufers außerhalb der Vertragsurkunde in die Bewertung einzubeziehen.
Die Käuferin durfte die Angaben der Verkäuferin („sehr guter Zustand“, „mängelfrei“, „Bodenplatte vor ca. 2-3 Jahre erneuert“) so verstehen, dass als vereinbart gilt, dass der Anhänger in einem Zustand ist, wie sich ein gebrauchter Anhänger nach einem fachgerechten Austausch einer Bodenplatte nach 2-3 Jahren befindet und dass dieser Anhänger für den sicheren Transport von Pferden geeignet ist.
Da der Anhänger nicht die vereinbarte Beschaffenheit hatte, konnte sich die Verkäuferin auch nicht auf den vertraglich vereinbarten Haftungsausschluss berufen.
b. Arglistiges Verschweigen eines Mangels
Gerade im Gebrauchtwagenkauf von Privat treten nach meiner Erfahrung oft Streitigkeiten wegen eines (reparierten) Unfallvorschadens auf, über den der Verkäufer den Käufer nicht in Kenntnis gesetzt habe.
Ein Privatverkäufer hat auch ungefragt alle ihm bekannten Unfallschäden, auch reparierte, und sonstige ihm bekannte Mängel zu offenbaren. Tut er dies nicht, setzt er sich dem Vorwurf aus, den Vorschaden arglistig verschwiegen zu haben. Wenn der Verkäufer einen Mangel arglistig verschwiegen hat, kann der Käufer den Vertrag anfechten und den Rücktritt vom Kaufvertrag erklären.
Ein arglistiges Verschweigen setzt voraus, dass der Verkäufer
– den Mangel kennt oder ihn zumindest für möglich hält und
– zugleich weiß oder doch damit rechnet und billigend in Kauf nimmt, dass der Käufer den Mangel nicht kennt und
– bei Offenbarung den Vertrag nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt geschlossen hätte.
Darüber hinaus können auch ohne tatsächliche Grundlagen, also ins Blaue hinein gemachte Angaben über den Zustand des Fahrzeugs, den Vorwurf der Arglist rechtfertigen. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn der Verkäufer eine Unfallfreiheit auch für die Zeiten vor seiner eigenen Besitzzeit erklärt, obwohl er hier gar keine Erkenntnisse hat.
Bei den Mängeln, die einer Besichtigung zugänglich und damit ohne Weiteres erkennbar sind, besteht für den Verkäufer keine Offenbarungspflicht. Der Käufer kann diese Mängel bei der im eigenen Interesse gebotenen Sorgfalt selbst wahrnehmen.
Eine arglistige Täuschung muss der Käufer dem Verkäufer nachweisen. Dies gelingt in der Praxis regelmäßig nur sehr schwer. Oft scheitert der Nachweis daran, dass der Käufer dem Verkäufer eine Kenntnis des Mangels nicht nachweisen kann.
Hier ein Beispiel aus der Rechtsprechung:
Landgericht Aachen, Urteil vom 14.10.2015 – 8 O 27/15
Die Parteien schlossen einen Kaufvertrag einen gebrauchten Pkw. Der Kaufpreis wurde mit 6.500,00 € vereinbart. Im schriftlichen Kaufvertrag heißt es wörtlich u.a. wie folgt “Das Fahrzeug wird nach persönlicher Besichtigung, Probefahrt (Stadtfahrt und Autobahn) und Erklärung aller Mängel gekauft.” … “Da es hier um einen Privatverkauf geht, besteht keine rechtliche Gewährleistung.”
Der Verkäufer hatte im Vorfeld im Zusammenhang mit einem Unfallschaden ein Gutachten erstellen lassen. Dieses Gutachten hat er dem Käufer allerdings nicht übergeben, sondern wollte es nur zur Einsichtnahme vorlegen. Über das volle Ausmaß des Unfallschadens machte der Verkäufer keine Angaben.
Einige Tage nach der Übergabe stellte der Käufer fest, dass u.a. die Motorhaube gespachtelt und lackiert worden sei, die Fahrertür hänge, ein Schlauch lediglich mit Klebeband zusammengeklebt sei und die Scheinwerferaufhängung vorne rechts nicht ordnungsgemäß befestigt sei.
Der Käufer erklärte wegen arglistiger Täuschung die Anfechtung des Kaufvertrages, vorsorglich den Rücktritt vom Vertrag erklärt.
Sowohl das Landgericht Aachen als auch das OLG Köln in 2. Instanz gaben dem Verkäufer Recht.
Der Abschluss des Kaufvertrages beruhte aus Sicht des Gerichts auf einer arglistigen Täuschung.
Gegenstand der Kaufvertragsverhandlungen seien auch etwaige Unfallschäden gewesen. Der Verkäufer habe dabei das volle Ausmaß des Unfallschadens und die zur Instandsetzung erforderlichen Arbeiten mitzuteilen. Dies habe der Verkäufer unterlassen.
Aus dem Schadensgutachten ergab sich, dass die Reparaturkosten knapp 2.700,00 € netto betragen hätten. Insbesondere sei das Fahrzeug schadenbedingt nur bedingt verkehrssicher. Das volle Ausmaß habe der Verkäufer nicht offenbart. Hierzu sei er schon im Hinblick auf die nur bedingt gegebene Verkehrssicherheit verpflichtet gewesen. Die bloße Möglichkeit zur Einsichtnahme in ein Gutachten würde nicht genügen. Vielmehr komme ein Verkäufer seiner Offenbarungspflicht nur dann nach, wenn er das Gutachten überreicht, sei es im Original, in Kopie oder in elektronischer Form, und hierbei die Bedeutung des Gutachtens für die Erfassung des Zustandes des Fahrzeuges und dessen Verkehrssicherheit klarstellt.
3. erheblicher Sachmangel, kein bloßer Verschleiß, der bereits bei der Übergabe des Fahrzeugs vorgelegen haben muss
Es ist unerheblich, ob ein wirksamer Haftungsausschluss vereinbart wurde, wenn kein erheblicher Sachmangel vorliegt.
Das Vorliegen eines erheblichen Mangels ist Grundvoraussetzung für einen Rücktritt vom Kaufvertrag.
Auch beim Kauf von Privat gilt: Ein Verkäufer haftet grundsätzlich nur für Mängel, nicht jedoch für normalen Verschleiß.
Gerade im Gebrauchtwagenkauf kommt es oft zu Streitigkeiten, ob dem aufgetretenen Fehler ein Mangel zugrunde liegt oder ob es sich um normalen Verschleiß handelt.
Der Verkäufer haftet nur für Mängel am Fahrzeug, nicht jedoch für normalen Verschleiß.
Typische Verschleißteile sind die Reifen, die Bremsen, die Kupplung, der Zahnriemen, der Auspuff oder auch die Batterie.
Die Abgrenzung zwischen Mangel bzw. übermäßigem Verschleiß und normalem Verschleiß stellt sich in der Praxis immer wieder als kompliziert dar, sodass hier oftmals auf einen Sachverständigen zurückgegriffen werden muss.
Beispiele für Mängel finden Sie hier in meinem Fachbeitrag
4. So wird der Rücktritt erfolgreich durchgesetzt
a. Käufer muss erfolglos Mängelbeseitigung verlangen und dem Verkäufer dazu den Wagen zu Reparaturzwecken anbieten / bringen
Bevor ein Rücktritt vom Kaufvertrag erfolgen kann, muss dem Verkäufer zunächst die Möglichkeit der Mängelbeseitigung eingeräumt werden.
Eine Rücktrittserklärung ist dann wirksam, wenn die Mängelbeseitigung trotz Aufforderung nicht durchgeführt worden oder gar fehlgeschlagen ist. Allerdings setzt ein ordnungsgemäßes Reparaturverlangen des Käufers voraus. Dies beschränkt sich nicht auf eine mündliche oder schriftliche Aufforderung zur Mängelbeseitigung. Der Käufer muss dem Verkäufer vielmehr bei seiner Mängelrüge auch seine Bereitschaft zu erkennen geben, dem Verkäufer das Fahrzeug zum Zwecke der Mängelbeseitigung zur Verfügung zu stellen.
Das bedeutet auch, dass der Käufer das Fahrzeug zur Reparatur zum Verkäufer bringen muss, wenn der Verkäufer ihn hierzu auffordert. Er hat kein Recht auf Abholung, sondern nur auf Übernahme der Transportkosten.
Ist der Käufer nicht bereit, die Kaufsache dem Verkäufer zur Verfügung zu stellen, kann der Verkäufer dem Verkäufer diese mangelnde Bereitschaft als Einrede entgegengehalten, sodass der ein später erklärter Rücktritt unwirksam wäre.
b. Wann ist der richtige Moment, den Rücktritt zu erklären?
Der richtige Moment für die Rücktrittserklärung steht im Mittelpunkt der Beratung in diesen Fällen. Wir unterscheiden zwei Fälle. Der Rücktritt ist bereits erklärt, wenn der Anwalt konsultiert wird (aa). Oder der Rücktritt ist noch nicht erklärt und Sie überlegen, ob und wann der Rücktritt erklärt werden sollte (bb).
aa. Käufer hat den Rücktritt schon erklärt und der Verkäufer erstattet den Kaufpreis nicht
Hier steht im Mittelpunkt der Beratung, ob alle Voraussetzungen für einen wirksamen Rücktritt erfüllt sind. Insbesondere ist hier zu prüfen, ob zwischen den Parteien ein wirksamer Haftungsausschluss oder eine bestimmte Beschaffenheit vereinbart worden ist. Natürlich ist auch die Nutzungsentschädigung (s. weiter unten) zu taxieren. Im Mittelpunkt der Beratung stehen die Erfolgsaussichten für einen gerichtlichen Konflikt. Wurde der Rücktritt “zu früh” erklärt, sind Handlungsstrategien zu entwickeln (erneuter Rücktritt, Risikobewertung).
bb. Käufer hat den Rücktritt noch nicht erklärt und will wissen, ob der Rücktritt wirksam erklärt werden kann
Hier steht die genaue Prüfung sämtlicher Voraussetzungen für einen wirksamen Rücktritt im Mittelpunkt der Beratung, insbesondere die Prüfung eines etwaig vereinbarten Haftungsausschlusses oder einer Beschaffenheitsvereinbarung. Im Rahmen meiner Beratung erstelle ich eine Chancen- und Risikoanalyse mit einer abschließenden Bewertung, wann der richtige Moment für den Rücktritt vom Autokaufvertrag gekommen ist. Für eine konkrete Bewertung ist eine individuelle Beratung unerlässlich. Vertrauen Sie auf meine Erfahrung auf fast 15 Jahren anwaltlicher Tätigkeit.
c. Muss eine Entschädigung für die bisherige Nutzung gezahlt werden?
Hinsichtlich des vom Käufer zu zahlenden Nutzungsersatzes für gefahrene Kilometer gilt hier nichts anderes als beim Kauf eines Fahrzeugs von einem Händler. Der Käufer ist zur Zahlung einer Nutzungsentschädigung verpflichtet. Diese ist vom ursprünglich gezahlten Kaufpreis abzuziehen.
Da bei einem Kauf eines Autos von Privat im Regelfall Gebrauchtwagen verkauft werden, erfolgt die Berechnung nach der Formel: Bruttokaufpreis / voraussichtliche Restlaufleistung x gefahrene Kilometer
Rechenbeispiel Gebrauchtwagen: Kaufpreis 20.000 €, erwartete Gesamtlaufleistung 250.000 km; Kilometerstand bei Übergabe: 100.000 km, gefahrene Kilometer: 5.000 km:
20.000 € / 150.000 km (=250.000 km – 100.000 km) = 0,13 € x 5.000 km = 666,67 €
d. Was tun, wenn der Verkäufer nach Rücktritt den Kaufpreis nicht erstattet?
Ist der Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt worden und lässt der Verkäufer die Zahlungsfrist verstreichen, muss im nächsten Schritt Klage beim zuständigen Gericht erhoben werden. Hierbei handelt es sich regelmäßig um das Amtsgericht (bei einem Kaufpreis abzüglich Nutzungsersatz bis einschließlich 5.000,00 €) oder Landgericht (über 5.000,00 €) am Wohnsitz des Käufers.
Zu beachten ist hierbei, dass vor den Landgerichten ein Anwaltszwang gilt. Das bedeutet, dass beide Parteien zwingend einen Anwalt benötigen. Im Zivilprozessrecht gilt der Grundsatz, dass der Verlierer des Gerichtsverfahrens sämtliche Verfahrenskosten zu tragen hat. Hinzukommen noch etwaige Kosten für einen Sachverständigen, da viele Gewährleistungsstreitigkeiten vom Gericht nur unter Zuhilfenahme eines Sachverständigen entschieden werden können.
In Anbetracht des Kostenrisikos ist ein Verkäufer gut beraten, es im Fall der berechtigten Mängelrüge nicht auf ein Gerichtsverfahren ankommen zu lassen, sondern sich mit dem Käufer außergerichtlich zu einigen.
e. Gewährleistungsrechte verjähren nach 2 Jahren bzw. nach 3 Jahren bei Arglist
Zu berücksichtigen ist weiterhin, dass Sachmängelansprüche des Käufers bei einem Kaufvertrag von Privat nicht beliebig lange geltend gemacht werden können. Vielmehr unterliegen sie – wie jeder andere Kaufvertrag auch – der Verjährung. Im Kauf von Privat gilt die Regelfrist des § 438 Nr. 3 BGB, wonach die Verjährungsfrist 2 Jahre beträgt, beginnend ab der Übergabe der Kaufsache.
Sollte der Verkäufer dem den Mangel arglistig verschwiegen haben, beträgt die Verjährungsfrist 3 Jahre, beginnend mit dem Ende des Jahres, in dem der Käufer Kenntnis vom Vorhandensein des Mangels.
5. Anwaltskosten / Rechtsschutzversicherung
Beratung: ab 80,00 €, Details hier.
Vertretung:
Kalkulieren Sie folgende Kosten (Grundpreis) für Mandate dieser Art bei einem angenommenen Kaufpreis von 10.000,00 €:
Eigene Anwaltskosten außergerichtlich: 973,66 €
Eigene Anwaltskosten nur Gerichtsverfahren: 1.850,45 €
Rechtsschutzversicherung? Wer eine Verkehrsrechtsschutzversicherung hat, kann in aller Regel davon ausgehen, dass diese die Kosten für einen Rechtsstreit übernimmt. Gerne setzte ich mich diesbezüglich mit Ihrer Rechtsschutzversicherung in Verbindung.
Bei Interesse rufen Sie mich an (0511 – 220 620 60) oder mailen mir (buschmann@tarneden.de)