Autoleasing: Vorzeitige Rückgabe des Fahrzeugs bei Mängeln möglich?
Rechtsanwalt Horst-Oliver Buschmann
Autoleasingvertrag abgeschlossen und das Leasingfahrzeug hat Mängel? Zum Beispiel ist die Rückfahrkamera defekt oder auch das Navigationssystem funktioniert nicht mehr. Getriebe- oder Motorprobleme treten auf. Die Mängel sind vielfältig. Was tun? An wen muss sich der Leasingnehmer zur Mängelbeseitigung wenden: an den Lieferanten oder an die Leasinggeberin? Kann das Leasingfahrzeug zurückgegeben werden, wenn der Mangel nicht beseitigt wird? Kann der Leasingnehmer bei einem Mangel die Leasingraten einbehalten? Und muss die Leasinggeberin nach einem Rücktritt die gezahlten Leasingraten erstatten? Dieser Beitrag klärt auf.
Mehr dazu in diesem Beitrag.
1. Welche Rechte hat der Leasingnehmer bei Mängeln am Leasingfahrzeug?
3. Referenzen: So haben Gerichte entschieden
4. Rückabwicklung des Leasingvertrages
1. Welche Rechte hat der Leasingnehmer bei Mängeln am Leasingfahrzeug?
Der Leasingvertrag über ein Fahrzeug ist in der Regel ein Dreipersonenverhältnis. Der Kunde (Leasingnehmer) schließt einen Leasingvertrag mit dem Leasinggeber (z.B. eine Bank). Dieser kauft das Fahrzeug nach den Vorgaben des Leasingnehmers bei einem Dritten – dem Lieferanten. Das Fahrzeug wird sodann dem Leasingnehmer gegen Zahlung in Form von Leasingraten überlassen.
In den Leasingbedingungen sind die Mängelhaftungsansprüche des Kunden gegen den Leasinggeber wegen Sachmängeln regelmäßig ausgeschlossen. Stattdessen findet sich in den Leasingbedingungen eine Klausel, wonach der Leasinggeber seine eigenen Mängelhaftungsansprüche gegen den Lieferanten an den Kunden abtritt. Das bedeutet, dass der Leasingnehmer die Mängelansprüche gegen Lieferanten selbst geltend machen muss.
Wichtig ist, dass der Leasingnehmer verpflichtet ist, den Leasinggeber umfassend und unverzüglich über eine Geltendmachung von Ansprüchen und Rechten wegen Fahrzeugmängeln zu informieren.
Wenn am Leasingfahrzeug ein Mangel auftritt, stehen dem Leasingnehmer gegen den Lieferanten abgestufte Mängelrechte zu.
Vorrang hat die Mängelbeseitigung.
Das bedeutet, dass ein Rücktritt im Regelfall nicht möglich ist, wenn dem Lieferanten nicht die Möglichkeit zur Mangelbeseitigung eingeräumt worden ist.
Wenn die Mängelbeseitigung keinen Erfolg hatte, kann der Leasingnehmer wahlweise den Anspruch auf Mängelbeseitigung weiterverfolgen, vom Kaufvertrag zurücktreten, den Kaufpreis mindern oder Schadensersatz fordern. Interessant ist für den Leasingnehmer zumeist nur der Rücktritt vom Kaufvertrag und die vorzeitige Rückgabe des Fahrzeugs.
Hierbei ist allerdings zu berücksichtigen, dass nicht jeder Mangel zum Rücktritt berechtigt. Vielmehr muss der Mangel erheblich sein. Die Erheblichkeit des Mangels kann üblicherweise angenommen werden, wenn die Mangelbeseitigungskosten 5% des Kaufpreises übersteigen.
Einzelheiten zu den Rechten des Kunden bei Mängeln am Fahrzeug finden Sie auch hier in meinem Betrag “Rücktritt vom Autokaufvertrag (Kauf vom Händler)”.
Wenn die Mängelbeseitigung keinen Erfolg hatte, kann der Leasingnehmer den Rücktritt vom Kaufvertrag erklären. Hierbei ist ein abgestuftes Vorgehen ratsam.
Im ersten Schritt erklärt der Leasingnehmer gegenüber dem Lieferanten den Rücktritt vom Kaufvertrag.
Wichtig: Der Rücktritt ist gegenüber dem Lieferanten zu erklären, da alle kaufrechtlichen Ansprüche vom Leasinggeber an den Leasingnehmer abgetreten worden sind. Über den Rücktritt sollte der Leasinggeber vorab in Kenntnis gesetzt werden, um Komplikationen zu vermeiden.
Es empfiehlt sich auch ein Blick in die Leasingbedingungen zu werfen, da sich hier oftmals Regelungen für das richtige Vorgehen finden.
Einigen sich der Kunde und der Lieferant außergerichtlich auf eine Rückabwicklung des Kaufvertrages, ist der Leasinggeber an diese Einigung gebunden.
Erkennt der Lieferant das Rücktrittsrecht nicht an, muss Klage auf Rückabwicklung des Kaufvertrages gegen Lieferanten erhoben werden.
Im Klageverfahren ist zu berücksichtigen, dass die Rückzahlung des Kaufpreises zuzüglich Zinsen abzüglich der Nutzungsvergütung an den Leasinggeber Zug um Zug gegen Herausgabe des Fahrzeugs zu erfolgen hat.
Eine Klage wird beispielsweise abgewiesen, wenn der Kunde eine Zahlung an sich selbst verlangt hat.
Darf der Kunde die Zahlung nach dem Rücktritt der Leasingraten einstellen?
Erkennt der Lieferant außergerichtlich den Rücktritt an, kann der Kunde die Zahlung der Leasingraten sofort und endgültig einstellen.
Weigert sich der Lieferant, den Rücktritt außergerichtlich anzuerkennen, darf der Kunde die Zahlung der Leasingraten erst ab Einreichung der Rücktrittsklage vorläufig einstellen.
Weist das Gericht die Klage gegen den Lieferanten ab, weil das Fahrzeug nicht mangelhaft gewesen sei, muss der Kunde die vorläufig einbehaltenen Leasingraten an den Leasinggeber mit Zinsen nachzahlen.
3. Referenzen: So haben Gerichte entschieden
Rücktritt akzeptiert
OLG Köln, Urteil vom 20.02.2013 – 13 U 162/09
In der dortigen Entscheidung verlangt der Kläger vom Autohaus die Rückabwicklung eines Kaufvertrages über ein fabrikneues Leasingfahrzeugs. Die Leasinggesellschaft zahlte an das Autohaus einen Kaufpreis von knapp 73.500,00 €. Der Kläger seinerseits entrichtete an die Leasinggesellschaft bis zur vertragsgemäßen Rückgabe die vereinbarten Leasingraten.
Der Kläger, der das Fahrzeug nach Ablauf der 36-monatigen Leasingzeit mit einer Laufleistung von 123.515 km an das Autohaus zurückgegeben hat, macht Mängel geltend, da das Fahrzeug von Anfang an mit einer unzureichenden Batteriekapazität ausgestattet gewesen sei. Deshalb sei es, vermehrt im Winter und im Zusammenhang mit dem Einsatz der Standheizung, zu häufigen vollständigen Entleerungen der Batterie und in deren Folge zu Startschwierigkeiten und zur vollständigen Abschaltung elektrischer Systeme gekommen.
Das OLG Köln entschied in 2. Instanz, dass es einen Mangel eines Neufahrzeugs darstelle, wenn es beim Betrieb des mit einer Standheizung ausgestatteten Fahrzeugs zu häufigen vollständigen Entladungen der Batterie komme.
Der Verkäufer und der Kunde hätten stillschweigend vereinbart, dass das Fahrzeug für eine gemischte, aber auch durchaus intensive Nutzung uneingeschränkt einsatzfähig sein würde.
Nach den Feststellungen des gerichtlich beauftragten Sachverständigen habe das an den Kläger ausgelieferte Fahrzeug dieser Vereinbarung nicht entsprochen.
Rücktritt abgelehnt
Landgericht Aachen, Urteil vom 28.01.2020 – 10 O 251/19
Der dortigen Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Der Kläger leaste bei der Leasinggeberin einen Renault Escape dCi 160 EDC mit einem Kilometerstand von 5.000. In dem Leasingvertrag zwischen dem Kläger und der Leasinggeberin war eine monatliche Ratenzahlung in Höhe von knapp 620,00 € vereinbart.
In einem Prospekt des Fahrzeugherstellers war unter der Rubrik “Technische Daten” ein kombinierter Kraftstoffverbrauch für ein Fahrzeug mit 6-Gang Doppelkupplungsgetriebe EDC von 4,7 Litern aufgeführt und unter der Rubrik “Technik und Motorisierungen” ein solcher von 5,6 Litern.
Der Kläger rügte gegenüber dem Autohaus technische Mängel im Hinblick auf den Kraftstoffverbrauch. In der Folgezeit forderte der Kläger das Autohaus auf, das Fahrzeug zurückzunehmen sowie den Kaufvertrag mit der Leasinggeberin und den Leasingvertrag rückabzuwickeln. Dies lehnte das Autohaus ab. Daraufhin erklärte der Kläger gegenüber dem Autohaus „den Rücktritt vom Leasingvertrag mit sofortiger Wirkung.“
Das Landgericht Aachen hat die Klage abgewiesen.
Zum einen habe der Kläger gegenüber dem Autohaus nicht den Rücktritt vom Kaufvertrag, sondern lediglich den Rücktritt vom Leasingvertrag erklärt. Für den geltend gemachten Zahlungsanspruch sei jedoch die Erklärung des Rücktritts vom Kaufvertrag gegenüber dem Autohaus zwingend notwendig.
Zum anderen sei das Auto nicht mangelhaft. Ein Benzinverbrauch von 4,7 l im normalen Fahrbetrieb sei aus Sicht des Gerichts nicht vereinbart worden.
Auch ohne eine solche Beschaffenheitsvereinbarung sei das Fahrzeug nicht mangelhaft, da sich das Auto selbst mit einem Benzinverbrauch von 6,6 l auf 100 Kilometer sowohl für die nach dem Vertrag vorausgesetzte als auch für die gewöhnliche Verwendung eignen würde.
Landgericht Düsseldorf, Urteil vom 23.07.2021 – 18a O 9/19
Bei diesem Verfahren handelt es sich um das Parallelverfahren zu dem oben genannten Verfahren vor dem Landgericht Aachen.
Der Leasingnehmer erklärte unter Berufung auf Mängel gegenüber dem Autohaus und der Leasinggeberin den Rücktritt vom Leasingvertrag. Das Autohaus widersprach dem Rücktritt.
In dem Verfahren vor dem Landgericht Düsseldorf verklagte der Leasingnehmer die Leasinggeberin auf Rückabwicklung des Leasingvertrages.
Das Landgericht Düsseldorf hat die Klage abgewiesen, da der Leasingnehmer keinen Anspruch gegen die Leasinggeberin auf Rückabwicklung des Leasingvertrages wegen Mängeln des Leasingfahrzeuges habe. Nach den Leasingbedingungen muss der Kläger Ansprüche aus Mängeln nämlich gegenüber dem Verkäufer geltend machen und hat nur dann einen Anspruch auf Rückzahlung der Leasingraten, wenn die Lieferfirma zum Rücktritt bereit oder hierzu rechtskräftig verurteilt wurde. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Die Lieferfirma vielmehr den Rücktritt zurückgewiesen und ist auch nicht zum Rücktritt verurteilt worden. Die auf Rückabwicklung gerichtete Klage ist vielmehr rechtskräftig abgewiesen worden.
An den beiden Entscheidungen des Landgerichts Aachen und des Landgerichts Düsseldorf lässt sich gut erkennen, dass es zwingend notwendig ist, den Kaufvertrag und den Leasingvertrag auseinanderzuhalten. Wenn gegenüber dem Lieferanten anstellte des Rücktritts vom Kaufvertrag der Rücktritt vom Leasingvertrag erklärt wird oder vom Leasinggeber die Erstattung von Leasingraten gefordert wird, ohne dass die Lieferfirma zum Rücktritt bereit ist oder hierzu rechtskräftig verurteilt wurde, kann eine Klage keinen Erfolg haben – auch wenn das Fahrzeug mangelhaft sein sollte.
4. Rückabwicklung des Leasingvertrages
Da die Erklärung des Rücktritts allein nicht dazu führt, dass auch der Leasingvertrag rückwirkend hinfällig wird, muss in einem zweiten Schritt der Leasingvertrag rückabgewickelt werden.
Es besteht zwar die Möglichkeit, dass der Kunde zeitgleich gegenüber dem Lieferanten den Rücktritt vom Kaufvertrag und gegenüber dem Leasinggeber den Rücktritt vom Leasingvertrag erklärt. Die Auswirkungen hängen allerdings von der Reaktion des Lieferanten und des Leasinggebers ab.
Erkennen beide den Rücktritt an, sind beide Verträge rückabzuwickeln.
Widersprechen sie, muss der Leasingnehmer zunächst den Gewährleistungsprozess gegen den Lieferanten führen. Gewinnt er dieses Gerichtsverfahren, sind beide Verträge rückabzuwickeln. Verliert der Leasingnehmer das Gerichtsverfahren, bleiben beide Verträge bestehen und der Kunde muss die Prozesskosten tragen.
Akzeptiert der Leasinggeber den Rücktritt vom Leasingvertrag, der Lieferant den Rücktritt vom Kaufvertrag jedoch nicht, soll die Erklärung des Leasinggebers maßgeblich sein. Der Leasinggeber muss sich in diesem Fall mit dem Lieferanten auseinandersetzen.
Wegen dieser Unsicherheiten rate ich dazu, zunächst den Rücktritt vom Kaufvertrag gegenüber dem Lieferanten zu erklären. Erst wenn feststeht, dass der Leasingnehmer wirksam vom Kaufvertrag zurückgetreten ist – sei es durch ein Anerkenntnis des Lieferanten oder durch ein rechtskräftigen Gerichtsurteil – sollte im zweiten Schritt die Rückabwicklung des Leasingvertrages in Angriff genommen werden.
Der Leasingnehmer wird er von der Verpflichtung zur Zahlung der Leasingraten rückwirkend und für die Zukunft befreit, wenn feststeht, dass er wirksam vom Kaufvertrag zurückgetreten ist. Entsprechend hat der Leasinggeber die Leasingraten zu erstatten.
Beratung: ab 80,00 €, Details hier.
Vertretung:
Kalkulieren Sie folgende Kosten (Grundpreis) für Mandate dieser Art bei einer angenommenen Forderung von 15.000 €:
Eigene Anwaltskosten außergerichtlich: 1.134,55 €
Eigene Anwaltskosten nur Gerichtsverfahren: 2.159,85 €
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