Solaranlage blendet: Unterlassung mit Anwalt durchsetzen/abwehren
Rechtsanwalt Horst-Oliver Buschmann
Photovoltaikanlagen werden seit Jahren immer beliebter, gerade in Wohnvierteln mit vielen Einfamilienhäusern.
Allerdings kann sich auf den dunklen Paneelen das Sonnenlicht spiegeln. Diese Reflexionen können den Nachbarn dann ins Haus fallen. Diese fühlen sich von den Reflexionen/Blendungen unter Umständen belästigt.
Müssen diese Reflexionen/Blendungen geduldet werden oder kann vom Eigentümer der Photovoltaikanlage Abhilfe verlangt werden?
Mehr dazu in diesem Beitrag.
1.Unterlassungsanspruch bei störenden Lichtreflexionen durch eine Photovoltaikanlage?
2.Ist vor Durchführung des Klageverfahrens ein außergerichtliches Schlichtungsverfahren notwendig?
3.Referenzen: So haben Gerichte entschieden
4.Wie kann verhindert werden, dass Solaranlagen blenden?
1.Unterlassungsanspruch bei störenden Lichtreflexionen durch eine Photovoltaikanlage?
Von Solaranlagen können Blendwirkungen durch reflektierendes Sonnenlicht ausgehen, die den betroffenen Nachbarn beeinträchtigen. Eine solche Beeinträchtigung ist dann hinzunehmen, wenn sie unwesentlich ist.
Maßstab für die Frage, ob eine Beeinträchtigung noch unwesentlich oder bereits wesentlich ist, ist hierbei das Empfinden eines „verständigen Durchschnittsmenschen“, d.h. des „Durchschnittsbenutzers“ des beeinträchtigten Grundstücks. Abzustellen ist hierbei auf die konkreten Umstände des Einzelfalles wie die Dauer der Blendwirkung, die Intensität der Lichtreflexe und die daraus resultierenden Auswirkungen auf die Nutzung des betroffenen Grundstücks.
Eine unzumutbare Beeinträchtigung wird immer dann anzunehmen sein, wenn die Blendwirkung in Dauer und Intensität so stark ist, dass eine Nutzung des Grundstücks und/oder der Innenräume beeinträchtig ist.
Ob die Schwelle der nur unwesentlichen Beeinträchtigung überschritten ist, lässt sich regelmäßig nur durch die Hinzuziehung eines Sachverständigen klären.
Weitergehende Informationen zur Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen finden Sie in meinem Fachbeitrag Anspruch auf Unterlassung
2.Ist vor Durchführung des Klageverfahrens ein außergerichtliches Schlichtungsverfahren notwendig?
Wenn der Betroffene durch die Photovoltaikanlage geblendet wird und dadurch unzumutbar beeinträchtigt wird, kann es zum Streit mit dem Eigentümer der Photovoltaikanlage kommen.
Der Eigentümer der Photovoltaikanlage wird im Regelfall zunächst aufgefordert, die Blendung durch die Solaranlage durch geeignete Maßnahmen zu vermeiden.
Es kann allerdings vorkommen, dass der Eigentümer der Photovoltaikanlage sich weigert, entsprechende Maßnahmen durchzuführen. In diesem Fall ist es in den meisten Bundesländern nicht zulässig, unmittelbar ein Klageverfahren einzuleiten. Vielmehr sehen die Landesgesetze regelmäßig vor, dass vor dem Klageverfahren ein außergerichtliches Schlichtungsverfahren durchgeführt werden muss.
In Niedersachsen ist die Durchführung eines außergerichtlichen Schlichtungsverfahrens nur dann verbindlich, wenn das Klageverfahren vor dem Amtsgericht stattfindet. In Rheinland-Pfalz dagegen ist ein Schlichtungsverfahren hingegegen immer durchzuführen.
Erst wenn ein solches Schlichtungsverfahren durchgeführt worden ist und dies erfolglos geblieben ist, ist ein Klageverfahren zulässig.
3.Referenzen: So haben Gerichte entschieden
Unterlassungsanspruch zuerkannt
Landgericht Frankenthal, Urteil vom 12.08.2022 – Az.: 9 O 67/21
In der Entscheidung des Landgerichts Frankenthal beschwerten sich die klagenden über Blendungen im Garten, auf der Terrasse, im Wohnzimmer nebst Essbereich und Flur. Der gerichtlich bestellte Gutachter kam zu dem Ergebnis, dass es von Anfang April bis Mitte September etwa zwischen 17 oder 18 Uhr zu direkten Sonnenlichtreflexionen von der Photovoltaikanlage aus hin zu dem benachbarten Wohnhaus und insbesondere auch hin zu dem besonders sensiblen Terrassenbereich des Anwesens komme. Die Spiegelung sei annähernd so hell wie der Blick in die Sonne selbst und eine Blendung führe zu zeitweisen Einschränkungen der Sehfähigkeit und zu einer Nachbilderzeugung.
Aus Sicht des Gerichts müssten die betroffenen Nachbarn eine derartige Hinderung an der normalen bzw. beschwerdefreien Nutzung der Wohnung und der zugehörigen Terrasse und des Gartens nicht hingenommen werden. Zudem sei es nicht zumutbar, die Terrasse in den relevanten Zeiträumen nicht nutzen zu können und die betroffenen Wohnbereiche mittels Rollläden verdunkeln zu müssen.
Das Landgericht gab der Klage der Nachbarn auf Unterlassung dieser Störung statt.
Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil vom 21.07.2017 – Az.: I-9 U 35/17
Zudem gleichen Ergebnis wie das Landgericht Frankenthal kam das OLG Düsseldorf in seiner Entscheidung vom 21.07.2017- Az.: I-9 U 35/17.
Der gerichtlich bestellte Sachverständige stellte fest, dass an mehr als 130 Tagen im Jahr erhebliche Blendwirkungen (zum Teil als „Absolut“-blendung, zum Teil jedenfalls als Blendung mit Nachbildern) auftreten würden. Die Blendwirkungen erstreckten sich zeitweise über die gesamte Grundstücksbreite und dauerten bis zu 2 Stunden am Tag an. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts müsse eine solche Beeinträchtigung nicht hingenommen werden.
Auch die gesetzgeberische Wertentscheidung zu Gunsten der Förderung von Photovoltaikanlagen führe zu keiner grundsätzlichen Duldungspflicht. Auch wenn der Gesetzgeber Photovoltaikanlagen fördere, dürften diese nicht ohne Rücksicht auf die Belange der Nachbarschaft errichtet werden. Die Blendung der Nachbarschaft durch Photovoltaikanlagen sei auch nicht als ortsüblich hinzunehmen.
Aus diesen Gründen hat das OLG Düsseldorf den Eigentümer der Solaranlage verpflichtet, die Blendungen durch geeignete Maßnahmen zu reduzieren.
Unterlassungsanspruch abgelehnt
Oberlandesgericht Braunschweig, Urteil vom 14.07.2022, Az.: 8 U 166/21
Das OLG Braunschweig hingegen lehnte einen Unterlassungsanspruch wegen der Blendung durch eine Solaranlage ab.
Das Gericht stellte zwar fest, dass das Eigentum der klagenden Partei durch die Reflexionen grundsätzlich beeinträchtigt. Jedoch sei diese Beeinträchtigung nicht wesentlich. Maßstab für die Frage, ob eine Beeinträchtigung noch unwesentlich oder bereits wesentlich ist, sei das Empfinden eines „verständigen Durchschnittsmenschen“, d.h. in diesem konkreten Fall, des „Durchschnittsbenutzers“ des beeinträchtigten Grundstücks.
Nach den Feststellungen des gerichtlich bestellten Sachverständigenseien in dem Wohnraum der klagenden Partei insgesamt nur an 60 Tagen im Jahr und insgesamt unter 20 Stunden pro Jahr Reflexionen verursacht durch die Paneele wahrnehmbar. Der Sachverständige habe für diese Erkenntnisse u.a. die Lage der Wohnhäuser, die Neigungswinkel der Anlage, den Sonnenstand und Wetterdaten ermittelt und ausgewertet.
Auch bei dem von dem Sachverständigen durchgeführten Ortstermin konnte nur eine Aufhellung festgestellt werden, ohne dass eine Blendung des Auges gegeben war. Das Gericht wies die Klage daher ab.
4.Wie kann verhindert werden, dass Solaranlagen blenden?
Zur Blendung durch Solaranlage tragen verschiedene Faktoren bei. So können die Größe der Anlage, die Positionierung in Bezug auf die Sonneneinstrahlung, die Neigung der Solarmodule und die Art der Oberflächenmaterialien eine Rolle bei der Reflexion des Lichts spielen und blendend wirken.
Es ist daher wichtig, bereits bei der Planung und Installation von Solaranlagen auch die potenziellen Auswirkungen auf die Umgebung und die Nachbarschaft zu berücksichtigen, um Blendungsprobleme zu vermeiden.
Hierbei ist an die Verwendung von Materialien mit geringer Reflexion und Oberflächen, die das Licht streuen statt reflektieren, zu denken. Auch können Anti-Reflexions-Technologien verwendet werden, die dazu beitragen, die Blendung durch Solaranlagen zu reduzieren. Diese Technologien verringern die Reflexion des Lichts und sorgen für eine bessere Lichtabsorption.
Auch ist besteht die Möglichkeit, Abschattungssysteme wie Lamellen oder Jalousien zu integrieren und dadurch die durch Blendwirkung zu minimieren.
Die Integration von Abschattungssystemen kann ebenfalls eine effektive Methode sein, um die Blendung durch Solaranlagen zu verringern. Durch den gezielten Einsatz von Lamellen oder Jalousien kann die Lichtstreuung kontrolliert und die Blendung für Anwohner oder Verkehrsteilnehmer minimiert werden.
Schließlich kann auch Positionierung und Ausrichtung der Solaranlage dafür sorgen, dass sie möglichst wenig direktes Licht reflektiert und dadurch die Blendung minimiert wird.
Beratung: ab 80,00 €, Details hier
Vertretung:
Kalkulieren Sie folgende Kosten (Grundpreis) für Mandate dieser Art bei einer angenommenem Streitwert des Unterlassungsanspruchs von 15.000,00 €:
Eigene Anwaltskosten außergerichtlich: 1.134,55 €
Eigene Anwaltskosten nur Gerichtsverfahren: 2.159,85 €
Rechtsschutzversicherung? Wer eine Privatrechtsschutz hat, kann in aller Regel davon ausgehen, dass diese die Kosten für einen Rechtsstreit übernimmt. Gerne setzte ich mich diesbezüglich mit Ihrer Rechtsschutzversicherung in Verbindung.
Bei Interesse rufen Sie mich an (0511 – 220 620 60) oder mailen mir (buschmann@tarneden.de)