ADHS zu häufig diagnostiziert
+++ Schulrecht +++ ADHS +++ Modekrankheit? +++ künstliche ADHS-Generation? +++ 20 % der Jungs ADHS krank? +++
1. Die Studie (Hannoversche Allgemeine Zeitung – HAZ)
Wie die Hannoversche Allgemeine Zeitung (HAZ) in Ihrer Ausgabe vom 31.03.2012 (Seite 9) berichtet, wird ADHS zu häufig diagnostiziert. Dies ist das Ergebnis – so die HAZ – einer Studie von Forschern die Universität Bochum und der Universität Basel. Vorwurf an die diagnostizierenden Psychologen: Die Diagnose wird eher anhand von Faustformeln statt anhand der gültigen Diagnoseregelungen erstellt.
Ergebnisse der Studie: Psychologen wurden 4 Testfälle vorgestellt, von denen nur einer nach den gültigen Diagnoseregelungen eine Fall von ADHS war. Dennoch wurden bei den anderen 3 Testpersonen häufig ADHS-Diagnosen gestellt.
Entscheidungsgrundlage sei häufig folgende Annahme gewesen: „Der Prototyp ist männlich und zeigt Symptome von motorischer Unruhe, mangelnder Konzentration oder Impulsivität.“
Bei Jungen werde daher „oft automatisch“ ADHS diagnostiziert, bei Mädchen nicht.
Beachtlich auch die gestiegenen Fallzahlen: Von 1989 bis 2001 sei die Zahl der Diagnosen um 400 % gestiegen.
Von 1993 bis 2003 habe sich die Vergabe von Medikamenten wegen ADHS verneunfacht.
2. Andere Pressestimmen: DER SPIEGEL
Auch der Spiegel (S.P.O.N.) berichtet kritisch. In dem Beitrag Aufmerksamkeitsstörung bei Kindern:Zahl der ADHS-Diagnosen steigt rasant berichtet der Spiegel über die aktuelle Entwicklung. Die erschreckende Zahl: bei 1/5 aller Jungen des Geburtenjahrganges 2000 erhielten die Diagnose ADHS.
In dem Artikel wird Rolf-Ulrich Schlenker von der Barmer GEK zitiert: „Dieser Anstieg erscheint inflationär. Wir müssen aufpassen, dass ADHS-Diagnostik nicht aus dem Ruder läuft und wir eine ADHS-Generation fabrizieren. Pillen gegen Erziehungsprobleme sind der falsche Weg.“
3. Mein Kommentar
Mit ADHS oder ADS sind Kinder oft stigmatisiert, die Eltern stehen manchmal wie das Kaninchen vor der Schlange. Als ich in die Grundschule ging – das war ab 1980 – da gab es kein ADHS. Heute sollen viele unruhige Kinder krank sein, angeblich sind 20 % aller Jungs (Jahrgang 2000) krank.
Als Anwalt bin ich da kritisch.
Als Mensch und Vater zweier Kinder glaube ich es nicht.
Die Kinder sind heute nicht kranker als früher. Es muss konkret nach anderen Gründen und Ursachen gesucht werden – ohne dabei das Probem der Aufmerksamkeitsstörung aus den Augen zu verlieren. Gründe können auch in einer gewandelten Welt liegen: Viele Kinder spielen heute viele Stunden Computer, haben Smartphones und andere bewegungsarme Animationen. Früher waren die Kinder mehr draußen im Wald, auf Bolzplatz, auf dem Spielplatz. Auch mögen die Psychologen Ihren Anteil daran haben. Man kann ja kein gesundes Kind behandeln – jedenfalls nicht auf Kosten der Krankenkassen. Die Erwartung, kleine Jungs müssten artig in der Klasse sitzen, jedem Befehl der Lehrerin folgen und alles auswendig lernen, was ihnen vorgesetzt wird, erscheint mir dringend behandlungsdürfiger zu sein.
Der Bewegungsdrang von kleinen Jungen ist heute noch derselbe wie in der Steinzeit. Die Gene ermöglichen ein Überleben in der Natur. Nur heute muss kein Junge mehr raus in den Wald, um sich auszutoben. Denn dort findet er kaum Spielkameraden.
Ein weiterer wichtiger Aspekt: Jungs stoßen in den Kindergärten und Grundschule fast nur auf weibliche Erzieherinnen und Lehrerinnen. Hierin sieht der renommierte Familientherapeut und Bestsellerautor Jesper JUUL (Interview SPIEGEL 11/2012, Seiten 44 – 46) ein erhebliches Problem: er führt aus, dass viele Pädagoginnen mit der Agressivität der Jungs nicht umgehen können. Das passt nicht in ihr weibliches Wertebild – sie wollen immer reden. Anders dagegen die Jungs: sie wollen immer wieder aufs Neue eine Hierarchie festsetzen, für Jungs sei es so: wenn Jungs Fußball spielen, kann nur einer der Star sein, nicht alle. Das wird immer wieder ausgefochten. Soweit seine Aussage in dem Interview (dort Seite 46).
Kein Junge, der sich so verhält wie von JUUL beschrieben, ist krank. Er ist kerngesund.
Es fehlen aber männliche Pädagogen in KiTas und Grundschulen, die die Jungs verstehen, Männer, die als Jungs selbst so waren. Männer, die wissen, dass man auch Beamter und / oder ein guter Vater werden kann, wenn man sich als Junge geprügelt hat.
Verständnis ist der Anfang von allem.
Eine Gesellschaft, die eine Frauenquote in DAX-Vorständen von 50 % fordert und per Gesetz durchsetzen will, muss auch per Gesetz eine Frauenquote von 50 % Männer in KiTas und Grundschulen fordern und durchsetzen.
Meine Meinung ist: Wenn es die Männerquote von 50 % in KiTas und Grundschulen für Erzieher und Lehrer gibt, wird ADHS fast ausgetorben sein.
Nach meiner Einschätzung ist der Ausgangspunkt, dass die Jungs heute genauso gesund sind wie früher. Geändert haben sich nicht die Jungs, sondern die Umwelt. Veränderungsbedürftig sind daher aus meiner Sicht in erster Linie die Umweltbedingungen. Die Vergabe von Ritalin muss auf extreme Ausnahmen beschränkt sein.
Wichtig: Eltern von betroffenen Jungs brauchen ein gesundes Selbstbewusstsein, Wissen und gute Argumente, um den Empfehlungen von Pädagogen und Psychologen kritisch begegnen zu können.
Unsere Gesellschaft hat für jede weibliche Gruppe eine Frauenbeauftragte bestellt. Hier fordere ich den Sonderbeauftragten für die Jungs und die Einführung einer von 50 % -Quote Männern als Lehrer / Erzieher in allen KiTas und Grundschulen.
4. Perspektiven: außerschulische Hilfestellung
Eine Möglichkeit ist, das betroffene Kind außerschulisch zu fördern. Der Ansatz könnte dabei mehr in die Pädagogik als in die Medizin gehen. Ganzheitliche pädagogische außerschulische Betreuung statt Retalin auf Rezept. Letztlich geht es darum, kindgerechte Lösungen zu finden.