Tipps für die Prüfungsanfechtung bei Wiederholungsmöglichkeit
Rechtsanwalt Rolf Tarneden
Dieser Beitrag richtet sich an Prüflinge, die eine Prüfung nicht bestanden haben, aber noch eine oder mehrere Wiederholungsmöglichkeit für die betroffene Prüfung haben. Prüfungsrechtlich bestehen für die Erfolgsaussichten einer Prüfungsanfechtung große Unterschiede, wenn eine Prüfung regulär wiederholt werden kann (dieser Beitrag) oder endgültig nicht bestanden ist. Die Unterschiede sollten unbedingt bedacht werden, ehe ein Mandat für eine Prüfungsanfechtung erteilt wird, wenn die Prüfung noch wiederholt werden kann. Warum klärt dieser Beitrag.
1. Wie schnell soll über die Prüfungsanfechtung entschieden werden?
2. Zielkonflikt Prüfungsanfechtung und Wiederholungsprüfung
3. So taktieren die Hochschulen
4. Wann ist dann eine Prüfungsanfechtung sinnvoll?
1. Wie schnell soll über die Prüfungsanfechtung entschieden werden?
So schnell wie möglich. Praktisch alle Anrufer schildern den Wunsch, dass über die Anfechtung der Prüfung so schnell wie möglich (2-6 Wochen) entschieden werden soll. Gerade dieses Ziel lässt sich meist nicht erreichen, siehe dazu sogleich Ziffer 2.
2. Zielkonflikt Prüfungsanfechtung und Wiederholungsprüfung
a) Das gilt bei Prüfungen, die regulär wiederholt werden können:
Kann die Prüfung wiederholt werden, kann der Prüfling sein Ziel, die Prüfung zu bestehen, aus eigener Kraft in der Wiederholungsprüfung erreichen. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass viele Hochschulen bei einer Prüfungsanfechtung dann zunächst abwarten, ob der Prüfling zur Wiederholungsprüfung antritt. Wird die Wiederholungsprüfung bestanden, ist eine Entscheidung über die Prüfungsanfechtung nicht mehr nötig. Nur wenn auch die Wiederholungsprüfung nicht bestanden wird, ist eine Entscheidung über die Prüfungsanfechtung gegen die erste Prüfung nötig.
Daraus folgt: In aller Regel lässt es sich nicht erreichen, dass über die Prüfungsanfechtung eine Entscheidung ergeht bevor die Wiederholungsprüfung absolviert ist!
b) Das gilt für Prüfungen, die endgültig nicht bestanden sind:
Ist die Prüfung dagegen endgültig nicht bestanden, hat der Prüfling keine Alternative, sein Ziel aus eigener Kraft zu erreichen. Dann stehen mir als Anwalt die Wege des Eilrechtsschutzes offen, d.h. es kann ein Eilantrag am Verwaltungsgericht gestellt werden, dass schnellstmöglich über die Prüfungsanfechtung entschieden wird.
Fazit:
Taktisch gilt folgende Faustformel:
Prozessual sind die Optionen eingeschränkt, wenn die Prüfung wiederholt werden kann.
Prozessual sind die Optionen für mich als Anwalt ideal, wenn die Prüfung endgültig nicht bestanden ist.
3. So taktieren viele Hochschulen
Nach meiner langjährigen beruflichen Erfahrungen warten die meisten Hochschule das Ergebnis der Wiederholungsprüfung ab.
4. Wann ist dann eine Prüfungsanfechtung sinnvoll?
War die Bewertung rechtswidrig, ist eine Prüfungsanfechtung immer sinnvoll. Die hier beschriebenen Probleme betreffen nur die Frage, wie schnell eine Interessendurchsetzung möglich ist.
Wer die nicht bestandene Prüfung angreift, setzt zudem ein klares Zeichen an die Hochschule.
Ferner kann die Prüfungsanfechtung noch sehr an Bedeutung gewinnen. Das ist v.a. dann der Fall, wenn die zunächst angefochtene Prüfung nur knapp nicht bestanden wurde, der / die Betroffene bei der letzten Wiederholungsprüfung dann aber “mit Pauken und Trompeten” – also deutlich – gescheitert ist. In solchen Fällen können die Erfolgsaussichten der Prüfungsanfechtung der ersten Prüfung die besseren sein, eben weil sie nur knapp nicht bestanden wurde.
Schließlich können sich Besonderheiten dann ergeben, wenn die Wiederholungsprüfung sehr spät (z.B. in einem Jahr) angeboten wird. Dann ist zu prüfen, ob das Abwarten der Wiederholungsprüfung unzumutbar ist.
Fazit: Es gibt also gewichtige pros und cons. Die Prüfungsanfechtung ist immer dann zu empfehlen, wann bei Ihrer persönlichen Gewichtung die pros die cons überwiegen.
© Rechtsanwalt Rolf Tarneden