Visum / Aufenthaltserlaubnis zur Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen, § 16d AufenthG
Rechtsanwalt Rolf Tarneden
Deutschland hat einen riesigen Mangel an qualifizierten Arbeitskräften. Handwerk, Pflege, Bauwirtschaft, Krankhäuser, Gastronomie und Hotellerie: sie alle suchen Fachkräfte. Viele Ausländer sind bereit, nach Deutschland zum Arbeiten zu kommen. Rechtlich gibt es dabei ein großes Problem: Deutschland hat das duale Ausbildungssystem (= Berufsschule und betriebliche Ausbildung). Im Ausland gibt es das duale Ausbildungssystem zumeist nicht. Nach Deutschland darf aber nur einreisen, wenn nachgewiesen ist, dass die ausländische Qualifikation dem deutschen (dualen) Ausbildungssystem entspricht. Wie das möglich ist regelt § 16d AufenthG. Das zweite – nicht zu unterschätzende – Problem sind die Sprachkenntnisse. In aller Regel wird ein Sprachzertifikat verlangt, zumeist auf dem Sprachniveau B1.
4. Welche Kenntnisse der deutschen Sprache müssen Bewerber nachweisen?
5. Kontaktaufnahme zum Anwalt? Anwaltskosten?
1. Visum / Aufenthaltserlaubnis zur Durchführung einer Qualifizierungsmaßnahme, § 16d Abs. 1, 2 AufenthG
Typischerweise geht es hier meist darum, dass der Ausländer einen Anpassungslehrgang nachweisen muss
- für die Feststellung der Gleichwertigkeit der Berufsqualifikation mit einer inländischen Berufsqualifikation oder
- für die Erteilung der Berufsausübungserlaubnis in einem im Inland reglementierten Beruf
Wichtig: Die Aufenthaltserlaubnis kann nur erteilt werden, wenn
- der Ausländer über die für die Qualifizierungsmaßnahme nötigen deutschen Sprachkenntnisse, in der Regel mindestens über hinreichende deutsche Sprachkenntnisse, verfügt,
- die Qualifizierungsmaßnahme geeignet ist, dem Ausländer die Anerkennung der Berufsqualifikation oder den Berufszugang zu ermöglichen, und
- bei einer überwiegend betrieblichen Qualifizierungsmaßnahme die Bundesagentur für Arbeit nach § 39 zugestimmt hat oder durch die Beschäftigungsverordnung oder zwischenstaatliche Vereinbarung bestimmt ist, dass die Teilnahme an der Qualifizierungsmaßnahme ohne Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit zulässig ist.
Zusatz:
Die Aufenthaltserlaubnis wird für bis zu 18 Monate erteilt und um längstens sechs Monate bis zu einer Höchstaufenthaltsdauer von zwei Jahren verlängert. Sie berechtigt nur zur Ausübung einer von der Qualifizierungsmaßnahme unabhängigen Beschäftigung bis zu zehn Stunden je Woche.
Weitergehende Arbeitserlaubnis:
§ 16d Abs. 2 AufenthG ermöglicht eine weitergehende Beschäftigung (zur Sicherung des Lebensunterhaltes), wenn die Tätigkeit einen Bezug zur begehrten Qualifikation hat und ein Arbeitsplatzangebot für eine spätere – qualifizierte – Tätigkeit vorliegt.
2. Visum / Aufenthaltserlaubnis für qualifizierte Beschäftigung zur Erlangung der fehlenden beruflichen Praxis, § 16d Abs. 3 AufenthG
Die Vorschrift gilt für im Inland “nicht reglementierte Berufe”. Zu den nicht reglementierten Berufen gehören in Deutschland z. B. alle Berufe auf Grundlage einer dualen Berufsausbildung. Bei ihnen ist eine Anerkennung zwar
keine zwingende Voraussetzung für die Berufsausübung, für Ausländer aber für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis als Fachkraft nach §§ 18a und 18b (Quelle: Anwendungshinweise des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat zum Fachkräfteeinwanderungsgesetz (BGBl. I 2019, S. 1307).
Die Vorschrift enthält eine “Soll” Regelung, d.h. dass das Visum in aller Regel erteilt werden soll, wenn die Voraussetzungen vorliegen.
Der Aufenthaltszweck ist “zur Anerkennung” der im Ausland erworbenen Berufsqualifikation. Unterschied zu § 16d Abs. 1 AufenthG: Bei § 16d Abs. 3 geht es um betriebliche Praxis, bei § 16d Abs. 1 geht es um den Anspassungslehrgang (Theorie).
Die Aufenthaltserlaubnis kann für bis zu zwei Jahren erteilt werden. Auch hier müssen etliche Zugangsvoraussetzungen erfüllt sein, insbesondere:
- Sprachkenntnisse Deutsch B1
- Feststellungsbescheid der zuständigen Behörde, dass schwerpunktmäßig Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten in der betrieblichen Praxis fehlen
- ein konkretes Arbeitsplatzangebot vorliegt
- Erklärung des Arbeitgebers, dass er dem Ausländer ermöglicht, den Ausgleich der Lücke laut Feststellungsbescheid (s.o.) zu schließen
- Zustimmung der Bundesagentur bzw. Zustimmungsfreiheit der Beschäftigung
3. Visum / Aufenthaltserlaubnis zum Ablegen einer Prüfung zur Anerkennung seiner ausländischen Berufsqualifikation
§ 16d Abs. 5 AufenthG regelt den Aufenthalt zum Zweck des Ablegens von Prüfungen zur Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen. Hiervon umfasst sind Prüfungen, die zur Feststellung der Gleichwertigkeit der ausländischen
Berufsqualifikation mit einer inländischen Berufsqualifikation sowie in einem im Inland reglementierten Beruf für die Erteilung der Befugnis zur Berufsausübung oder für die Erteilung der Befugnis zum Führen einer Berufsbezeichnung
erforderlich sind. Dies schließt sprachliche und fachsprachliche Prüfungen ein und ermöglicht das Ablegen mehrerer Prüfungen (Quelle: Anwendungshinweise Fachkräftezuwanderungsgesetz).
Zusatz:
Soll vor dem Ablegen der Prüfung ein Prüfungsvorbereitungskurs besucht werden, ist ein Aufenthaltstitel für die Teilnahme an einer Qualifizierungsmaßnahme nach § 16d Abs. 1 AufenthG einschlägig.
Auch hier müssen deutsche Sprachkenntnisse, die der abzulegenden Prüfung entsprechen, nachgewiesen werden. Gerade bei Prüfungen, die für die Erteilung der Befugnis zur Berufsausübung oder für die Erteilung der Befugnis zum Führen einer Berufsbezeichnung bei im Inland reglementierten Berufen im Gesundheits- und Pflegebereich erforderlich sind, sind deutlich höhere Anforderungen zu stellen und fachsprachliche Kenntnisse notwendig, Quelle: Anwendungshinweise zum Fachkräftezuwanderungsgesetz, hier der Link)
4. Welche Kenntnisse der deutschen Sprache müssen Bewerber nachweisen?
In der Regel muss das Sprachniveau B1 muss durch Sprachzertifikat nachgewiesen werden. In einigen Fällen kann auch ein Sprachzertifikat A2 genügen (das muss aber genau geprüft werden). In einigen Fällen wird auch ein höheres Niveau z.B. (B1) gefordert. Welches Sprachniveau erforderlich ist, erklärt in der Regel auch der Anbieter des Anpassungslehrganges bzw. der Veranstalter der noch abzulegenden Prüfung.
Die nötigen Sprachkenntnisse dürfen nicht unterschätzt werden. Sie stellen nach meiner Beratungspraxis das größte Problem dar. Der Erwerb von Sprachkenntnissen auf dem Niveau B1 im Ausland erfordert viel Zeit und auch Geld.
Vielfach wird daher hier angefragt, ob nicht ein Visum zum Sprachkurs (§ 16f AufenthG) “vorgeschaltet” werden kann. Nach dem Gesetz ist das möglich. Es handelt sich aber um eine “kann” Vorschrift (nicht: “Muss”-Vorschrift), d.h. die Entscheidung steht im Ermessen der Behörden. Hier spielen dann etliche Faktoren eine Rolle:
-können die nötigen deutschen Sprachkenntnisse überhaupt im Ausland erworben werden?
-wer finanziert den Aufenthalt in Deutschland während des Sprachkurses und wo wohnt der Ausländer in der Zeit?
-können die Sprachkenntnisse nicht im Rahmen eines visafreien Aufenthaltes in Deutschland erworben werden (nur für Ausländer, die für bis zu 90 Tage visumsfrei einreisen können?
-…
Ob dies Aussicht auf Erfolg verspricht, muss immer einzelfallbezogen geprüft werden.
5. Kontaktaufnahme zum Anwalt? Anwaltskosten?
Beratung: ab 75 €, auch telefonisch
Vertretung: ab 600 €, ggf. auch erheblich teurer (abhängig vom Einzelfall)
Bei Interesse mailen Sie mir (tarneden@tarneden.de) oder rufen mich an: 0511. 220 620 60 (am besten werktags zw. 10:00-12:00 oder 15:00 – 17:00 Uhr.
© Rechtsanwalt Rolf Tarneden