Studienplatz einklagen Sommersemester 2012?
Studienplatz einklagen Sommersemester 2012? Rechtsanwalt Rolf Tarneden |
Gegen Universitäten und Fachhochschulen bundesweit
Zum Sommersemester 2012 einen Studienplatz einklagen hat den Vorteil, dass die Bewerberkonkurrenz in aller Regel geringer ausfällt und damit die Erfolgschancen steigen. Es gibt in den letzten Monaten gravierende Änderungen in dem einzelnen Bundesländern: Vielfach haben die Länder die Möglichkeiten zur Studienplatzklage erschwert. Eine möglichst frühzeitige Planung der Studienplatzklage gewinnt daher immer mehr an Bedeutung. Welche Änderungen gibt es? Welche Bundesländer und welche Studiengänge sind betroffen? Wann sollte ich die Klagestrategie idealerweise festlegen? Wie bewerbe ich mich taktisch richtig bei der Stiftung für Hochschulzulassung (ehemals ZVS)? Mehr dazu in diesem Beitrag, der die Tradition meiner semesterweise veröffentlichten Artikelserie (siehe hier unter Ziffer 4 auf dieser Seite) fortsetzt.
1.Stimmt es, dass es für die Studienplatzklage auf Note und Wartezeit nicht ankommt?
2.Hochschulrecht im Umbruch: Welche Studiengänge sind betroffen? Welche Bundesländer?
4.Empfehlung für das Sommersemester 2012 für Medizinklagen (Human- und Zahnmedizin)
5.Für alle Studiengänge: Wann sollte die Klage geplant werden?
6.Wie hoch sind die Anwaltskosten für eine Klage?
1.Stimmt es, dass es für die Studienplatzklage auf Note und Wartezeit nicht ankommt?
Es kommt auf die Uni oder Fachhochschule an.
Schon vor einigen Semestern ist die Vergabepraxis z.B. im Land Schleswig-Holstein verändert worden: Jetzt werden versteckte Studienplätze dort nach einem bestimmten Verteilungsverhältnis nach Note und Wartezeit vergeben. Nur wer gute Noten (erfahrungsgemäß mindestens Abi mit 1,7) oder viel Wartezeit (erfahrungsgemäß mindestens 8 Semester) hat, hat Chancen, bei der Vergabe Erfolg zu haben.
Ähnlich ist die neue Rechtslage in Baden-Württemberg: Dort werden versteckte Kapazitäten nur an Bewerber vergeben, die sich für diese Uni bei der Stiftung für Hochschulzulassung beworben haben. Die Vergabe versteckter Studienplätze hat sich sodann an den Vergabekriterien im zentralen Vergabeverfahren (d.h. im Wesentlichen die Note) zu orientieren, wenn die Hochschule für die Bewerber um diese Zulassungen entsprechende Ranglisten erstellt. Auch hier ist eine Bewerbung mit mäßigem Abitur praktisch aussichtslos.
Mecklenburg-Vorpommern hat eine Regelung wie in Baden-Würrttemberg eingeführt. Auch hier kann nur Erfolg haben, wer in den Ranglisten im Auswahlverfahren der Hochschule (AdH) vorn dabei ist.
Das Bundesverwaltungsgericht (Az. 6 CN 3.10) hat die Regelung in Baden-Württemberg für rechtmäßig erklärt. Für die Zukunft ist daher für die Bundesländer Baden-Württemberg und Mecklenburg-Vorpommern eine vorherige Bewerbung für die Wunschuni bei hochschulstart.de (ehem. ZVS) unbedingte Voraussetzung.
Dies sind nur einige Bundesländer.
Entsprechende Regelungen gibt es auch in anderen Bundesländern. Die Regelungen in Baden-Württemberg und Mecklenburg-Vorpommern gelten erst seit wenigen Monaten.
Erfolg mit einer Studienplatzklage kann nur noch haben, wer die genauen Zusammenhänge kennt zwichen der Bewerbung bei Stiftung für Hochschulzulassung und der späteren Vergabe versteckter Studienplätze. Ideal ist daher, einen Anwalt schon vor der Bewerbung bei der Stiftung für Hochschulzulassung zu konsultieren. Auch wer sich später an einen Anwalt wendet, kann noch klagen, aber nicht mehr an allen Unis, vielleicht nicht mehr an der Wunschuni.
2.Hochschulrecht im Umbruch: Welche Studiengänge sind betroffen? Welche Bundesländer?
Hessen und Mecklenburg-Vorpommern haben die jüngsten neuen Fristregelungen eingeführt.
In Hessen muss der Studienplatzkläger seine Klage mit einem Antrag auf Zuweisung außerhalb der festgesetzten Kapazität bis 01.03. (Sommersemester) bzw. 01.09. (Wintersemester) vorbereitet haben. Hat er die Frist versäumt, ist er von der Klage ausgeschlossen.
Mecklenburg-Vorpommern hat vor wenigen Monaten die Fristregelung eingeführt, dass der Antrag auf Zuweisung außerhalb der festgesetzten Kapazität bis 15.01. (Sommersemester) bzw. 15.07. (Wintersemester) gestellt sein muss.
Das Verwaltungsgericht Schwerin hatte Studienplatzklagen zurück gewiesen, bei denen der Antrag auf Zuweisung außerhalb der festgesetzten Kapazität erst nach Ablauf der Frist gestellt war. Zu Recht hat das OVG Mecklenburg-Vorpommern (Beschluss vom 20.09.2011, Az.: 1 M 143/10 die Regelung (in einem von mir geführten Beschwerdeverfahren) gekippt: Begründung: Die mit der Klage angeriffene Anzahl der zu vergebenden Studienplätze war zur Zeit des Fristablaufes (15.07.) noch gar nicht veröffentlicht!
Dennoch hat das OVG angedeutet, dass diese Frist künftig zu beachten sein dürfte.
Bewertung: Die Regelungen in Hessen und Mecklenburg-Vorpommern (entsprechende Regelungen gibt es auch in anderen Bundesländern, z.B. Baden-Württemberg) sind klar abzulehnen. Sie haben im Wesentlichen zum Ziel, Studienplatzklagen zu erschweren. Denn der Durchschnittsstudent fragt erst dann nach einer Studienplatzklage, wenn die Uni oder Fachhochschule seine Bewerbung abgelehnt hat. Dann aber sind die o.g. Frist längst abgelaufen. Aus meiner Sicht muss es immer – zumindest aber bis Vorlesungsbeginn – möglich sein, zu rügen, dass die Kapazität falsch berechnet ist. Die geltenden Regelungen begünstigen nur, dass rechtswidrige Kapazitätsberechnungen nicht mehr angegriffen werden können. In einem Hochlohnland wie Deutschland, dass auf gute Bildung angewiesen ist, ein untragbarer Zustand. Da geltendes Recht muss aber auf die Regelungen hingewiesen werden.
Ausblick: Meine Erwartung ist eine weitere Verschärfung der Regelungen in den kommenden Semstern. Die genannten Regelungen in den Bundesländern Baden-Württemberg, Hessen und Mecklenburg-Vorpommern sind allein in den letzten ca. 12 Monaten ergangen. Auch in anderen Ländern gab es massive Verschärfungen in der jüngeren Vergangenheit (z.B. Bremen, Nordrhein-Westfalen). Sie alle haben einen Trend: Die Studienplatzklage zu erschweren.
Fazit:
Studienplatzklagen sind nach wie vor überall möglich, aber unter schwierigeren Bedingungen als früher. Aus den genannten Gründen (s. Bewertung und Ausblick) wird eine frühzeitige strategische Beratung vor einer Studienplatzklage immer wichtiger!
3.Bei Medizinklagen: Kann ich nur gegen die Uni klagen, für die ich mich bei der Stiftung für Hochschulzulassung (ehem. ZVS) beworben habe?
Das ist abhängig vom Bundesland.
Beispiel: In Baden-Württemberg ist jüngst im Hochschulrecht festgelegt, dass versteckte Studienplätze vergeben werden nur an solche Bewerber, die sich auch bei hochschulstart.de (früher ZVS) beworben haben. Ferner sollen versteckte Kapazitäten nach Maßgaben der Listen der Hochschulen im Auswahlverfahren der Hochschulen (AdH) vergeben werden.
Daraus folgt zweierlei: Zum einen muss eine Bewerbung bei der Stiftung für Hochschulzulassung für die jeweilige Uni in Baden-Würrtemberg vorliegen.
Zum anderen werden die Chancen für eine erfolgreiche Studienplatzklage greifbarer: Erfolg kann nämlich nur haben, wer in den Ranglisten im Auswahlverfahren der Hochschulen ganz weit vorn ist. Die Ranglisten werden – soweit hier durchgesehen – in Wesentlicher Hinsicht nach Note vergeben, d.h.: Nur Bewerber mit guten Noten haben prakitsch eine Chance. Werden versteckte Kapazitäten vergeben, sind die Chancen auf eine erfolgreiche Klage dann aber greifbar!
Anderes Beispiel: Das Verwaltungsgericht Düsseldorf in Nordrhein-Westfalen hat jüngst (vgl. VG Düsseldorf, Az.: 15 Nc 84/10 sinngemäß bestätigt vom Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen OVG NRW, Beschluss vom 12. Oktober 2010, Az.: 13 C 268/10) entschieden, dass an der Vergabe versteckter Kapazitäten nur beteiligt wird, wer sich zuvor für diese Uni bei der Stiftung für Hochschulzulassung (ehem. ZVS) beworben hat. Ähnliche Regelungen gibt es für andere Bundesländer auch.
Bewertung: Die Rechtsprechung in Düsseldorf ist meiner Auffasung nach zurück zu weisen. Denn Sie verlangt auch von dem eine Bewerbung bei der Stiftung (ehemals ZVS), der dort keinen Erfolg haben kann, etwa weil er nach Note/Wartezeit faktisch chancenlos ist. Die verlangte Bewerbung ist also reiner Formalismus.
Fazit:
Unterschied zwischen den beiden geschilderten Fällen: In Baden-Württemberg kommt es auf die Bewerbung bei der Stiftung und die Note an. In Düsseldorf kommt es zwar auf die Bewerbung bei der Stiftung, nicht aber auf die Note an.
Es ist schwierig, zu durchschauen, bei welcher Uni es auf welche Bewerbungsstrategie ankommt. Fragen Sie nach. Wir wissen, bei welcher Uni oder Fachhochschule welche Besonderheiten gelten.
4.Empfehlung für das Sommersemester 2012 für Medizinklagen (Human- und Zahnmedizin)
Humanmedizin
Ich empfehle Mainz, Tübingen, Berlin, Göttingen und Würzburg. Welche Uni in Ihrem Fall konkret zu empfehlen ist, hängt davon ab, ob und wie Sie sich bei hochschulstart.de beworben haben bzw. welche Note / Wartezeit Sie haben.
Zahnmedizin
Meine Empfehlung ist Göttingen, Tübingen, Berlin, Mainz, München. Eine konkrete Empfehlung kann erst erfolgen, wenn Note/Wartezeit und Bewerbungsverhalten bei hochschulstart.de (früher ZVS) bekannt sind.
5.Für alle Studiengänge: Wann sollte die Klage geplant werden?
Geklagt werden kann bis mehrere Wochen nach Vorlesungsbeginn: Aber nur an einigen Unis. Wie sich aus 1.-4. (s.o.) ergibt, ist in dem einen Bundesland eine Frist zu beachten, in dem nächsten kommt es auf eine Bewerbung direkt an die Uni / Fachhochschule an. Bei wieder anderen Unis kommt aus auf die Direktbewerbung und eine Frist an….
Wer alle Chancen wahren will, sollte sich daher vor den Stichtagen (Sommersemester 15.01.) informieren. Sind die Stichtage abgelaufen, kann zwar noch geklagt werden, aber nicht mehr an allen Unis/Fachhochschulen.
6.Wie hoch sind die Anwaltskosten für eine Klage?
Rechnen Sie für ein Verfahren (unabhängig vom Studiengang) entweder 422,87 € oder 639,45 € Anwaltskosten. Enthalten sind die Kosten für den eigenen Anwalt für den Eilantrag und die Vertretung gegenüber der Uni/Fachhochschule.
Lesen Sie in unserem Kostenrechner nach, in welchem Bundesland welche Kosten entstehen. Enthalten ist die Vertretung gegenüber der Uni/Fachhochschule sowie der Antrag an das Gericht. Bei Obsiegen wird der Großteil der Kosten erstattet.
Haben Sie Fragen? Mailen Sie mir (tarneden@tarneden.de) oder rufen mich an (0511. 220 620 60): Kostenvoranschläge erhalten Sie kurzfristig und kostenfrei.