Schülerakte: Akteneinsicht, Aktenweitergabe, Recht auf Löschung
Akteneinsicht in die Schülerakte: In Streitfällen mit Schulen ist es für betroffene Eltern und Schüler häufig unerlässlich, die Schülerakte einzusehen, um beurteilen zu können, ob evtl. rechtlich gegen die Schule vorgegangen wird. Insbesondere wenn eine Versetzung in eine Parallelklasse oder eine Ausschluss vom Unterricht verhängt wird, ist es für die Eltern oft schwer nachvollziehbar, ob nun den Angaben der Schule Glauben geschenkt werden kann, insbesondere dann, wenn die eigenen Kinder die Umstände anders schildern. Dann kann ein Blick in die Schülerakte weiter helfen. Denn dort sollten Maßnahmen dokumentiert werden, die gegen auffällig gewordene Kinder verhängt worden sind. Stellt sich heraus, dass Einträge in der Schülerakte falsch oder unvollständig, können Eltern für ihre minderjährigen Kinder die Rechte auf Löschung, Sperrung sowie Verbot der Weitergabe der Schülerakte geltend machen. Was muss in der Schülerakte dokumentiert werden? Habe ich ein Recht auf Akteneinsicht? Wird nach der Grundschule die Akte an die weiterführende Schule weiter gegeben? Dies und mehr beantwortet dieser Beitrag.
1. Was muss in der Schülerakte dokumentiert werden?
2. Wer hat ein Recht auf Akteneinsicht in die Schülerakte?
3. Gibt es ein Recht auf Löschung / Sperrung von Inhalten der Schülerakte?
4. Kann der Weitergabe der Schülerakte widersprochen werden?
5. Wird die Akte nach der Grundschule an die weiterführende Schule abgegeben?
6. Wie hoch sind die Anwaltskosten bei Streit um Schülerakte?
1. Was muss in der Schülerakte dokumentiert werden?
Es müssen alle Ereignisse dokumentiert werden, soweit dies erforderlich ist zur
• Erfüllung des Bildungsauftrags der Schule (§ 2 NSchG)
Der Bildungsauftrag der Schule wird wie folgt (§ 2 NSchG) beschrieben:
“Die Schule soll im Anschluss an die vorschulische Erziehung die Persönlichkeit der Schülerinnen und Schüler auf der Grundlage des Christentums, des europäischen Humanismus und der Ideen der liberalen, demokratischen und sozialen Freiheitsbewegungen weiterentwickeln. Erziehung und Unterricht müssen dem Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland und der Niedersächsischen Verfassung entsprechen; die Schule hat die Wertvorstellungen zu vermitteln, die diesen Verfassungen zugrunde liegen.”
oder
• zur Erfüllung der Fürsorgeaufgaben
• zur Erziehung oder Förderung der Schülerinnen und Schüler oder
• zur Erforschung oder Entwicklung der Schulqualität erforderlich ist, (s. § 31 Abs. 1 NSchG)
Müssen dann Erziehungsmaßnahmen (z.B. Schulhofverbot in Pausen) oder Ordnungsmaßnahmen (z.B. Ausschlus vom Unterricht / Versetzung in eine Parallelklasse) dann in der Schülerakte dokumentiert sein?
Aus meiner Sicht ein klares Ja: Denn die Dokumentation von Verfehlung des Schülers und Verhängung von Erziehungsmaßnahmen ist erforderlich zur Erfüllung der Fürsorgeaufgaben und der Erziehung und Förderung der Schüler.
Nur wenn Erziehungsmaßnahmen dokumentiert sind, können Eltern später nachvollziehen, ob es zutrifft, was ihrem Kind vorgeworfen wird (anders natürlich die Fälle, in denen die Schule Fehlverhalten klar gegenüber den Eltern kommuniziert hat). Die typischen Streitfälle sind aber so gelagert, dass sich bei mir Eltern melden, deren Kindern Vorwürfe aus der Vergangenheit zur Last gelegt werden, von denen die Eltern nie was gehört haben. Die Fürsorgepflicht der Schule ergibt aus meiner Sicht die Pflicht der Schule, auffälliges Schülerverhalten und seine Sanktion in der Schülerakte zu dokumentieren.
Es kann daher in Streitfällen ratsam sein, Einsicht die Schülerakte zu nehmen, um sich ein Bild zu verschaffen, was dort dokumentiert ist.
2. Wer hat ein Recht auf Akteneinsicht in die Schülerakte?
Die Eltern (bei minderjährigen Schülern), nicht der Schüler.
Der Schüler, wenn er volljährig ist.
Eltern / volljährige Schüler haben ein Recht auf Einsicht in die Schülerakte (vgl. § 31 NschG i.V.m. § 16 Abs. 3 NDSG). Dieses Recht ist im Grunde unbeschränkt. Nur in wenigen Fällen kann den Eltern / dem volljährigen Schüler die Einsicht verweigert werden, z.B. dann, wenn die Aufgabenwahrnehmung der Schule im Übrigen durch die Einsichtnahme in die Akte beeinträchtigt würde. Dieser Fall ist schon theoretisch kaum vorstellbar.
3. Gibt es ein Recht auf Löschung / Sperrung von Inhalten aus der Schülerakte?
Ja, es ist zwischen Löschung und Sperrung zu unterscheiden.
3.1. Recht auf Löschung
Ein Recht auf Löschung aus der Schülerakte besteht, wenn
• die Inhalte unrichtig sind
• die Aufnahme in die Schülerakte unzulässig war
(vgl. § 31 NSchG i.V.m. § 17 NDSG)
3.2. Recht auf Sperrung
Ein Recht auf Sperrung (ggf. von Teilen aus der) Schülerakte besteht insbesondere, wenn
• die Richtigkeit des Inhaltes bestritten wird
• wenn statt Löschung Sperrung beantragt wird
(vgl. § 31 NSchG i.V.m. § 17 Abs. 3 NDSG)
Folge der Sperrung: Gesperrte Akten / Aktenbestandteile erhalten einen Sperrvermerk. Sie dürfen nicht mehr weiter verwendet werden. Sollten die Daten schon weiter gegeben worden sein, so sind die Stellen, die die Daten erhalten haben, über die Sperrung nachträglich zu informieren (vgl. § 17 Abs. 4 NDSG)
4. Kann der Weitergabe der Schülerakte widersprochen werden?
Betroffene können der Weitergabe der sie betreffenden Daten widersprechen. Die Weitergabe der Daten ist immer dann unzulässig, wenn die schutzwürdigen persönlichen Gründe das Interesse an Weitergabe überwiegen (vgl. § 31 NschG i.V.m. § 17a NDSG)
5. Wird die Akte nach der Grundschule an die weiterführende Schule weitergegeben?
Nach geltender Erlasslage in Niedersachsen verbleibt die Schülerakte an der Grundschule. Sie ist dort aufzubewahren für die Dauer eines Jahres. Danach ist sie zu löschen.
Aus meiner Berufspraxis ist mir aber bekannt, dass Eltern berichten, dass die Grundschulen die Auskunft erteilen, die Schülerakte werde an die weiterführende Schule abgegeben. Hier ist zu unterscheiden: Die Schülerakte verbleibt bis zur Löschung allein bei der Grundschule. Allenfalls können Auszüge davon (in Kopie) in bestimmten Fällen an weiterführende Schulen weiter gegeben werden.
Wenn die Weitergabe der Akte oder von Auszügen unerwünscht ist, kann dies rechtlich gegenüber der Schule geltend gemacht werden.
(zum Ganzen: Runderlass zur Aufbewahrung von Schriftgut in öffentlichen Schulen, Ziff. 3.1.8.)
6. Wie hoch sind die Anwaltskosten bei Streit um Schülerakte?
Beratung: 75 €/ halbe Stunde.
Die Geltendmachung von Rechten auf Akteneinsicht bzw. Sperrung, Löschung oder Widerspruch liegt aufwandsbezogen zwischen ca. 270 – 600,00 €.
Wenn Sie Interesse haben, setzen Sie sich gern mit mir in Verbindung, per mail (tarneden@tarneden.de) oder Fon: 0511. 220 620 60.
© RECHTSANWALT ROLF TARNEDEN