Prüfungsanfechtung: Befangener Prüfer? FAQ vom Anwalt
Abwertende Äußerung in mündlicher Prüfung? Abfällige Bemerkung in der schriftlichen Bewertung der Klausur oder Hausarbeit? Der Prüfer hält sich nicht an vorherige Absprachen? Darf der Prüfer das? Diese Fragen bedrängen viele Prüflinge, die mit der Bewertung ihrer Prüfungsleistung nicht einverstanden sind. Ein Prüfer, der voreingenommen ist, kann die Karriere nachhaltig negativ beeinflussen. Dagegen kann der Prüfling aktiv vorgehen. Der Prüfer kann mit dem erfolgreichen Vorwurf der Befangenheit vom weiteren Prüfungsverfahren ausgeschlossen werden. Vertrauen Sie auf meine Erfahrung. Ich habe bei Gericht erstritten, dass Prüfer ausgeschlossen wurden. Dieser Beitrag soll zu diesem Fragenkreis aufklären anhand der folgenden 5 Fragen.
1. Wann ist ein Prüfer befangen?
2. Kann ich den Prüfer schon vor der Prüfung wegen Befangenheit von der Prüfung ausschließen?
3. Wann muss ich die Befangenheit geltend machen?
4. Wie lange dauert ein Gerichtsverfahren, um den Prüfer wegen Befangenheit auszuschließen?
5. Was kostet mich der Anwalt?
1. Wann ist ein Prüfer befangen?
Die Besorgnis der Befangenheit ist nach dem Gesetz berechtigt, wenn nach den Umständen des Einzelfalls ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen eine unparteiliche Amtsausübung zu rechtfertigen (vgl. § 21 VwVfG). Dies ist objektiv aus der Sicht des Prüflings zu beurteilen. Hierbei müssen Tatsachen vorliegen, aus denen sich ergibt, dass der Prüfer die erforderliche Neutralität, Sachlichkeit oder Distanz nicht wahrt. Wann das der Fall ist? Die Neutralität kann z.B. nicht gewahrt sein, beispielsweise, wenn der Prüfer zum weiblichen Prüflling (verheiratete Mutter mit Kind) sagt, sie müsse die Prüfung sowieso nicht bestehen, ihr Mann müsse ja für Sie und Kind aufkommen. Die Sachlichkeit kann z.B. nicht gewahrt sein, wenn der Prüfer aufbrausend und anmaßend ist, z.B. Äußerungen von sich gibt wie: “Sie lügen ja!” oder “Da ist ja wieder der Schummler”. Unsachlich können Prüfer auch werden, wenn der Prüfling eine Wissenslücke des Prüfers in der Prüfung aufdeckt. Die Distanz kann z.B. nicht gewahrt sein, wenn sich ein Prüfer dem Prüfling (räumlich) sehr nähert, z.B. mit seinem Gesicht in der Prüfung bis auf 20 cm an den Prüfling heran geht. Greift der Vorwurf der Befangenheit durch, so hat dies zur Folge, dass das Prüfungsverfahren wegen Beteiligung des befangenen Prüfers rechtsfehlerhaft ist. Folge ist in aller Regel, dass die Prüfung zu wiederholen ist oder ggf. ohne den Prüfer fortgesetzt wird.
2. Kann ich den Prüfer schon vor der Prüfung wegen Befangenheit von der Prüfung ausschließen?
Aus meiner Sicht eine der wichtigsten Fragen im Prüfungsprozess, die aus meiner Sicht mit einem klaren Ja zu beantworten ist. Rechtlich ist dieses “Ja” indessen nicht einfach zu begründen. Denn nach dem Gesetz ist es so, dass die Befangenheit nicht isoliert geltend gemacht werden soll: Nach dem Gesetz soll danach die Befangenheit mit dem Widerspruch gegen die Prüfungsentscheidung insgesamt geltend gemacht werden. Dies wird an einem Beispiel vielleicht deutlicher: Der Prüfling hat in drei Tagen Prüfung. Der Prüfer hat den Prüfling vier Tage vor der Prüfung einen “Lügner” genannt. Der Prüfling will wissen, ob er vor der Prüfung den Prüfer ausschließen lassen kann? Ich meine ja, s.o.. Grund: Es ist für den Antragsteller daher unzumutbar, sich der mündlichen Prüfung zu unterziehen und dann – wenn er durchgefallen ist – die Prüfungsentscheidung anzufechten, wenn bereits vor der Prüfung die Befangenheit des Prüfers aus Sicht des Prüflings feststeht. Soweit für mich ersichtlich, ist dieser Fragenkreis von der Rechtsprechung noch nicht abschließend entschieden. Es gibt aber starke Tendenzen, die mir Recht geben. Erst jüngst habe ich eine Entscheidung erstritten, in der wir den Prüfer aus dem laufenden Prüfungsverfahren durch gerichtliche Entscheidung haben entfernen lassen. Diese Prozesserfahrung stärkt meine Ansicht. Das Gesetz ordnet im Prinzip dagegen an, dass zunächst die Prüfung bei dem befangenen Prüfer abgelegt werden soll und dann – falls der Prüfling mit dem Ergebnis nicht einverstanden ist – der Prüfling gegen die Prüfung insgesamt Widerspruch einlegen soll. Aus den o.g. Gründen erscheint mir diese Sichtweise in jeder Hinsicht abwegig zu sein.
3. Wann muss ich die Befangenheit geltend machen?
So schnell wie möglich. Eine gesetzliche Frist gibt es zwar nicht, aber der Prüfling, der nach einem längeren Prüfungsverfahren einwendet, der Prüfer wäre befangen gewesen und trägt dazu Umstände vor, die sich vor der Prüfung ereignet haben, setzt sich dem Einwand aus, warum er die Befangenheit dann nicht früher geltend gemacht hat. Es könnte der Anschein erwecken, als habe der Prüfling versucht, es mal auf die Prüfung ankommen zu lassen. Falls der Prüfling durchfällt, macht er dann die Befangenheit geltend. Diesen Einwand kann man “abschneiden”, indem man schnellstmöglich die Befangenheit geltend macht, nachdem man diesen Eindruck gewonnen hat. Häufig ist zudem anzutreffen, dass sich die Befangenheit erst im Laufe eines längeresn Prüfungsverfahrens ergibt. So z.B. wenn ein Prüfer eine Serie von drei Prüfungen abnimmt. Ergibt sich der Eindruck der Befangenheit z.B. erst nach der ersten Prüfung, so empfehle ich, dann sofort die Befangenheit geltend zu machen und nicht zunächst zu versuchen “durchzukommen” und dann die Befangenheit zu rügen.
4. Wie lange dauert ein Gerichtsverfahren, um den Prüfer wegen Befangenheit auszuschließen?
Der Ausschluss aus dem Prüfungsverfahren kann durch gerichtliche Eilverfahren (einstweilige Anordnung) auch kurzfristig – im Extremfall in wenigen Stunden – erreicht werden. Es kommt allerdings sehr auf die Gegebenheiten des Einzelfalles an. Zudem muss ggf. ein Hauptsacheprozess geführt werden, dessen Ausgang sich oft nicht vorhersagen lässt. Eine allgemeine Aussage lässt sich daher dazu nicht treffen. Die einstweilige Anordnung ist jedoch ein scharfes Schwert, mit der kurzfristig beachtliche Erfolge erreichbar sind.
5. Was kostet mich der Anwalt?
Das kommt auf den Wert der Prüfung an. Es gibt einen Streitwertkatalog, in dem ist der “Wert” der Prüfung festgesetzt. Danach muss der Anwalt nach die gesetzlichen Gebühren berechnen. Bei einem Wert von 7500 € z.B. liegt die durchschnittliche Gebühr für das Verwaltungsverfahren (ohne Gericht) bei ca. 650 €. Vielfach ist dieser Bereich auch Rechtsschutzversichert. Wenn Sie eine Rechtsschutzversicherung haben, schauen Sie in Ihre Police oder fragen sie Ihren Versicherer. Vielleicht werden die Kosten getragen. Die Anwaltskosten sind naturlich höher, wenn ein Gerichtsverfahren betrieben wird. Welche Kosten auf Sie zukommen, erfahren Sie bei Interesse auf Anfrage kurzfristig in einem Kostenvoranschlag.