Hassposting bei Facebook, Instagram oder X (Twitter): Wie kann der Betroffene Postings löschen lassen?
Rechtsanwalt Horst-Oliver Buschmann
Die Vielzahl an digitalen Kommunikationsmöglichkeiten heutzutage birgt ein erhöhtes Aufkommen an sog. Hassreden, rechtswidrigen Äußerungen und Bewertungen. Äußerungen, die im digitalen Raum getätigt werden, überschreiten oft die Grenze der Rechtswidrigkeit. Dies lässt sich insbesondere innerhalb sozialer Medien finden. Wie kann sich der Betroffene gegen solche Hasspostings wehren? Muss er gegen den Verletzer vorgehen oder besteht auch ein Löschungsanspruch gegen den Plattformbetreiber?
Mehr dazu finden Sie in meinem nachfolgenden Beitrag.
2. Kann eine Auskunft auch durch eine einstweilige Verfügung erlangt werden?
3. Kann von Facebook die Löschung eines Hasspostings verlangt werden?
4. Kann die Löschung auch durch eine einstweilige Verfügung erreicht werden?
5. Wie haben Gerichte entschieden?
6. Soll wegen des Hasspostings gegen den Verletzer und/oder gegen Facebook vorgegangen werden?
1.Kann der Betroffene von Facebook Auskunft über den Klarnamen und die Anschrift des Verletzers verlangen?
Wenn absolut geschützte Rechte wie das allgemeine Persönlichkeitsrecht durch eine Beleidigung, eine üble Nachrede oder eine Verleumdung auf einer Internetplattform wie Facebook oder Instagram verletzt werden, hat der Betroffene gegen Plattformbetreiber einen Anspruch auf Auskunft der dort hinterlegten Bestandsdaten des Verletzers.
Zu den Bestandsdaten zählen all jene Daten, die der Nutzer bei Vertragsschluss oder im Laufe der Nutzungszeit selbst angibt. Hierzu zählen der vollständige Name, die E-Mail-Adresse und – soweit angegeben- die Telefonnummer oder auch die Wohnanschrift. Allerdings besteht hier das Problem von falschen Identitätsangaben. Die Bestandsdaten können nutzlos sein, wenn der Verletzer einen Phantasienamen, eine falsche Telefonnummer oder eine temporäre E-Mailadresse nutzt.
Nicht umfasst von den Bestandsdaten sich personenbezogene Nutzerdaten, wie beispielsweise die Nutzungszeitpunkte oder die bei der Nutzung des Accounts vergebene IP-Adresse. Einen Auskunftsanspruch bezüglicher dieser Nutzerdaten haben lediglich (Strafermittlungs-)Behörden.
Um die Nutzerdaten zu erlangen, muss der Verletzte ggf. Strafanzeige erstatten und Einsicht in die Ermittlungsakte nehmen.
Der Auskunftsantrag ist beim örtlich zuständigen Landgericht zu stellen, da der Plattformbetreiber die Auskunft nur einer vorherigen gerichtlichen Anordnung herausgeben darf. In dem Auskunftsverfahren muss der Betroffene die Persönlichkeitsrechtsverletzung durch rechtswidrige Äußerungen voll beweisen.
2.Kann eine Auskunft auch durch eine einstweilige Verfügung erlangt werden?
Die Erteilung einer Auskunft hinsichtlich der Bestandsdaten des Verletzers kann nicht im Wege der einstweiligen Anordnung geltend gemacht werden, da hierdurch die Hauptsache vorweggenommen wird. Einstweilige Anordnungen dienen zur vorläufigen Sicherung eines Rechts. Durch den erfolgreichen Abschluss des Auskunftsverfahrens wird dem Antragsteller jedoch nicht bloß ein vorläufiges Recht zugesprochen, sondern ein endgültiges.
Etwas anderes kann dann gelten, wenn der Verletzer seinen Account zwischenzeitlich gelöscht hat. Hier ist der Plattformbetreiber datenschutzrechtlich zur Löschung der Nutzungsdaten verpflichtet. Um eine Löschung der Nutzungsdaten zu verhindern, kann ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt werden, dass die Löschung der Daten bis zum Abschluss des Auskunftsverfahrens untersagt wird.
3. Kann von Facebook die Löschung eines Hasspostings verlangt werden?
Dem Verletzten steht ein Löschungsanspruch gegen den Plattformbetreiber zu, wenn eine rechtswidrige Persönlichkeitsverletzung durch einen im Internet veröffentlichten Inhalt vorliegt und diese fortdauert. Allerdings haftet der Plattformbetreiber für etwaige rechtsverletzende Inhalte erst nach Kenntniserlangung. Hierbei ist zu beachten, dass allein die Kenntnis von der Existenz der rechtsverletzenden Äußerung noch keine Kenntnis von der Rechtswidrigkeit bedeutet. Dies hat zur Folge, dass der Hinweis des Betroffenen an den Plattformbetreiber dabei so konkret gefasst sein, dass der Rechtsverstoß auf der Grundlage der Behauptungen des Betroffenen unschwer – das heißt ohne eingehende rechtliche und tatsächliche Überprüfung – bejaht werden könne.
Erst dann trifft den Plattformbetreiber die Verpflichtung zur weiteren Ermittlung und Bewertung des angezeigten Sachverhalts.
Weigert sich die Plattformbetreiber, die beanstandeten Rechtsverletzungen zu löschen und diesbezüglich eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben, kann der Anspruch gerichtlich weiterverfolgt werden.
4. Kann die Löschung auch durch eine einstweilige Verfügung erreicht werden?
Der Löschungsanspruch gegen den Plattformbetreiber kann auch im Wege des Eilrechtsschutzes mit einer einstweiligen Verfügung geltend gemacht werden. Zu beachten ist allerdings zu beachten, dass Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung innerhalb eines Monats bei Gericht eingegangen sein muss. Wird länger gewartet, kann das Gericht eine Dringlichkeit verneinen, weil der Betroffene durch die verzögerte Geltendmachung seines Begehrens zu erkennen gegeben hat, dass ihm “die Sache so eilig nicht ist”.
Hinsichtlich der Einzelheiten des gerichtlichen Eilrechtsschutzes verweise ich auf meinen Fachbeitrag Unterlassung: Einstweilige Verfügung bei Persönlichkeitsrechtsverletzung.
5. Wie haben Gerichte entschieden?
OLG Frankfurt/Main, Urteil vom 25.01.2024 – Az.: 16 U 65/22
Der Entscheidung des OLG Frankfurt lag folgender Sachverhalt zugrunde.
Die Klägerin ist Politikerin und für die Fraktion Bündnis90/Die Grünen im Bundestag. Sie wendet sich u.a. gegen ein sog. Meme, das über die von der Beklagten betriebene Plattform Facebook gepostet wurde. Es zeigt die Klägerin mit Bild und unter Nennung ihres Vor- und Zunamens sowie der als Zitat gekennzeichneten Äußerung, die die Klägerin nie getätigt hat.
Das Landgericht Frankfurt hatte die Beklagte hinsichtlich dieses Meme unter anderem verpflichtet, es zu unterlassen, identische oder kerngleiche Inhalte auf der Plattform öffentlich zugänglich zu machen.
Das OLG Frankfurt hat die Entscheidung bestätigt und die Berufung von Facebook zurückgewiesen.
Das Falschzitat stelle einen rechtswidrigen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin dar. Es verletze sie in ihrem Recht am eigenen Wort.
Die Beklagte hafte auch dafür, dass sie es zu unterlassen habe, alle weiteren identischen oder kern- bzw. sinngleichen Posts zu diesem Post zu löschen. Durch die mit anwaltlichem Schreiben erfolgte Übermittlung der konkreten URLs habe die Beklagte unmittelbar Kenntnis von der Rechtsverletzung erlangt. Diese Kenntnis und Information habe eine Prüf- und Verhaltenspflicht hinsichtlich der Existenz sinngleicher Inhalte ausgelöst, die ebenfalls zu löschen gewesen wären.
OLG Dresden, Urteil vom 05.09.2017 – Az.: 4 U 682/17
Der Entscheidung des OLG Dresden lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Einem Kindesvater wurde gerichtlich verboten, sein Sohn sehen zu dürfen. Das Kind lebte bei Pflegeeltern. Der Kindesvater kritisierte dies ab Mai 2016 heftig auf seiner Facebook-Seite und bezeichnete den Pflegevater als “Kindesentfremder” und “Kinderschänder” der „belogen, verleumdet und betrogen” habe. Zwar nannte der Kindesvater den Pflegevater nicht bei seinen vollen Namen, jedoch gab er den Arbeitsort, den Vornamen und den ersten Buchstaben des Nachnamens an. Zudem machte der Kindesvater Angaben zum Beruf des Pflegevaters. Schließlich wurden Einzelheiten aus dem Privatleben des Pflegevaters offenbart. Dieser sah sich durch die Äußerungen verunglimpft und erhob Klage auf Unterlassung.
Das Oberlandesgericht Dresden bestätigte das Urteil der 1. Instanz und entschied dass der Pflegevater vom Kindesvater verlangen, es zu unterlassen, ihn als “Kindesentfremder” und “Kinderschänder” zu bezeichnen, der “belogen, verleumdet und betrogen” habe. Durch diese Äußerungen habe der Kindesvater das Persönlichkeitsrecht des Pflegevaters verletzt.
Auf die Meinungsäußerungsfreiheit habe sich der Kindesvater nicht berufen können, da die Äußerungen eine unzulässige Schmähkritik darstellen würden. Die Facebook-Einträge seien in weiten Teilen durch Züge einer Privatfehde gegen den Pflegevater ohne Bezug zu einer die Öffentlichkeit wesentlichen berührenden Frage geprägt gewesen, was charakteristisch für eine Schmähkritik sei.
AG Braunschweig, Urteil vom 15.12.2020 – Az.: 116 C 272/20
Der Entscheidung des Amtsgerichts Braunschweig lag folgender Sachverhalt zugrunde.
Die Klägerin unterhält auf facebook ein Nutzerprofil, auf dem sie Erlebnisberichte und Erfahrungen als Jägerin teilt. Hier postete sie Bilder von ihr und einem von ihrem Freund erlegten Rehbock mit einem Begleittext.
Auf diesen Post erhielt sie auf ihrem Facebook-Account eine Nachricht, die vom Facebook-Account der Beklagten gesendet wurde. In diese Nachricht enthielt Diffamierungen und eine Bedrohung der Klägerin.
Das Amtsgericht sah in der Nachricht wegen der Diffamierungen und der Bedrohung eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts und verurteilte die Beklagte es zu unterlassen, die Klägerin persönlich oder unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln, sowie unter Nutzung von Portalen und sozialen Netzwerken wie z.B. „Facebook“ zu bedrohen.
6. Kann die Löschung auch durch eine einstweilige Verfügung erreicht werden?
Der Löschungsanspruch gegen den Plattformbetreiber kann auch im Wege des Eilrechtsschutzes mit einer einstweiligen Verfügung geltend gemacht werden. Zu beachten ist allerdings zu beachten, dass Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung innerhalb eines Monats bei Gericht eingegangen sein muss. Wird länger gewartet, kann das Gericht eine Dringlichkeit verneinen, weil der Betroffene durch die verzögerte Geltendmachung seines Begehrens zu erkennen gegeben hat, dass ihm “die Sache so eilig nicht ist”.
Hinsichtlich der Einzelheiten des gerichtlichen Eilrechtsschutzes verweise ich auf meinen Fachbeitrag Unterlassung: Einstweilige Verfügung bei Persönlichkeitsrechtsverletzung.
Beratung: ab 80,00 €, Details hier
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Kalkulieren Sie folgende Kosten (Grundpreis)für Mandate dieser Artbei einem angenommenen Streitwert von 5.000,00 €:
Eigene Anwaltskosten außergerichtlich: 540,50 €
Eigene Anwaltskosten nur Gerichtsverfahren: 1.017,45 €
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