Händler verschweigt Unfallschaden, Rücktritt vom Autokauf möglich?
Rechtsanwalt Horst-Oliver Buschmann
Nach der Übergabe eines Gebrauchtfahrzeugs an den Käufer kommt es regelmäßig vor, dass der Käufer Mängel am Fahrzeug feststellt. Ein Mangel kann in einem technischen Problem oder auch in einem Unfallvorschaden liegen, über den der Käufer nicht ausreichend informiert worden ist.
Welche Konsequenzen es für einen Gebrauchtfahrzeugverkäufer hat, wenn er den Umfang eines Unfallvorschadens bagatellisiert und den Käufer im Vorfeld nicht vollständig aufklärt, zeigt das Urteil des Oberlandesgericht Naumburg (Urteil vom 30.05.2022 – Az.: 2 U 195/19). Das Gericht hat den Verkäufer in der dortigen Entscheidung zur Rücknahme des Fahrzeugs und zur Rückzahlung des Kaufpreises von rund 31.800,00 EUR verurteilt.
2. Wie hat das OLG Naumburg (Urteil vom 30.05.2022 – Az.: 2 U 195/19) seine Entscheidung begründet?
3. Chancen und Risiken bei der rechtlichen Geltendmachung
1. Unter welchem Voraussetzungen kann der Rücktritt von einem Gebrauchtwagenkaufvertrag erklärt werden, wenn der Händler das Ausmaß eines Unfallvorschadens verschweigt?
Grundsätzlich haftet ein gewerblicher Gebrauchtwagenverkäufer für sämtliche Mängel, die bei der Übergabe des Fahrzeugs vorhanden waren. Als Mangel zählt auch ein erheblicher Unfallschaden, über den der Verkäufer den Käufer im Vorfeld nicht informiert hat. Stellt sich innerhalb eines Jahres nach der Übergabe des Fahrzeugs heraus, dass es sich bei dem Fahrzeug um einen Unfallwagen handelt, kann der Käufer wegen der Mangelhaftigkeit den Rücktritt vom Kaufvertrag erklären.
Ist seit der Übergabe bereits mehr als ein Jahr vergangen, muss der Käufer dem Verkäufer nachweisen, dass er von dem Unfallvorschaden Kenntnis hatte und den Schaden arglistig verschwiegen hat.
Gleiches gilt beim Kauf von Privat. Da hier eine Gewährleistung regelmäßig vollumfänglich ausgeschlossen werden kann und erfahrungsgemäß auch wird, muss dem Verkäufer ebenfalls ein arglistiges Verschweigen des Unfallvorschadens nachgewiesen werden.
2. Wie hat das OLG Naumburg (Urteil vom 30.05.2022 – Az.: 2 U 195/19) seine Entscheidung begründet?
Nach Auffassung des OLG Naumburg kann der Käufer auch bei dem Kauf eines gebrauchten Kraftfahrzeugs erwarten, dass das Fahrzeug keinen Unfall erlitten hat, bei dem es zu mehr als einen sogenannten „Bagatellschäden“ gekommen ist.
Stellt sich heraus, dass das Fahrzeug einen größeren Unfallschaden erlitten hat, und hat der Verkäufer den Käufer hierüber nicht hinreichend informiert, ist das Fahrzeug mangelhaft. Da die nach dem Kaufvertrag geschuldete Unfallfreiheit nicht vorliegt, kann der Käufer vom Kaufvertrag zurücktreten.
Zudem handelt ein Verkäufer arglistig, wenn er einen Vorschaden bagatellisiert. Er ist über eine bloße Sichtprüfung des Fahrzeugs hinaus verpflichtet Nachforschungen über den Umfang eines Schadens anzustellen, wenn er beim Ankauf des Autos über einen reparierten Vorschaden informiert wird. Unterlässt er dies und verharmlost ihm bekannte Hinweise, die auf einen erheblichen Unfallschaden schließen lassen, ist dies als arglistiges Verhalten zu bewerten. Auch aus diesem Grund ist der Käufer berechtigt, vom Kaufvertrag zurückzutreten.
Wegen der Eigenschaft “Unfallwagen” und und weil er den Käufer darüber hinaus über die Fahrzeugeigenschaft “Unfallwagen” arglistig getäuscht hat, ist der Verkäufer zur Rücknahme des Fahrzeugs und zur Rückzahlung des Kaufpreises von rund 31.800 EUR verurteilt worden.
3. Chancen und Risiken bei der rechtlichen Geltendmachung
Darin liegen die Chancen:
Wenn nichts anderes vertraglich vereinbart ist, kann der Käufer beim Kauf eines Fahrzeugs von einem Händler erwarten, dass der Wagen in der Vergangenheit keinen erheblichen Unfallschaden erlitten hat. Stellt sich nach Vertragsschluss heraus, dass es sich um ein Unfallfahrzeug handelt, kann der Käufer den Rücktritt vom Kaufvertrag erklären. Eine vorherige Aufforderung an den Verkäufer zur Mängelbeseitigung ist nicht notwendig.
Darin liegen die Risiken:
In gewerblichen Kaufverträgen wird die Gewährleistung regelmäßig auf ein Jahr verkürzt. Beim Kauf von Privat wird eine Gewährleistung ganz ausgeschlossen.
Wenn die Gewährleistungsrechte ausgeschlossen wurden oder Gewährleistungsfristen bereits verstrichen sind, ist die einzige Möglichkeit die Rückabwicklung noch zu erreichen, dem Verkäufer eine arglistige Täuschung nachzuweisen.
Der Käufer muss dem Verkäufer nachweisen, dass dem Verkäufer der Mangel bekannt war und er diese arglistig verschwiegen hat. Dies ist insbesondere beim Kauf von Privat unter Umständen sehr schwierig.
Einzelheiten hinsichtlich der Anforderungen an den Nachweis einer arglistigen Täuschung finden Sie in einem Beitrag Rücktritt vom Autokaufvertrag (Kauf von Privat).
Gesamtbewertung:
Stellt sich der Wagen nach der Übergabe als Unfallwagen dar, kann dies den Käufer zum Rücktritt vom Kaufvertrag berechtigen. Hierbei ist allerdings zu beachten, dass dem Verkäufer bei einem Kauf von Privat nachgewiesen werden muss, dass er von dem Unfallvorschaden gewusst haben muss und den Käufer hierüber arglistig nicht informiert hat. Dieser Nachweis ist regelmäßig nur sehr schwer zu erbringen.
Der Nachweis der arglistigen Täuschung ist bei einem Kauf von einem Händler nur dann notwendig, wenn der Käufer erst nach Ablauf der Verjährungsfrist von dem Unfallschaden Kenntnis erlangt. Die Chancen für einen erfolgreichen Rücktritt vom Kaufvertrag sind daher bei einem Kauf von einem Händler deutlich besser.
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