Gewerbsmäßiger Verstoß gegen § 29 BtMG | Gewerbsmäßigkeit
Gewerbsmäßiger Verstoß gegen § 29 BtMG: Der gewerbsmäßige Verstoß hat eine sehr hohe Strafandrohung von mindestens einem Jahr. Die hohe Strafdrohung wird unabhängig von der Droge und unabhängig von der Menge angewendet. Es gibt als bei gewerbsmäßiger Tat die Mindestdrohung von einem Jahr Haft für den Handel mit 3 Gramm Marihuana, wie auch für 4 Gramm Kokain. Das kann aus meiner Sicht kaum richtig ist, ist aber geltendes Recht in Deutschland. Betroffenen, denen mehrere gewerbsmäßige Kleinstverkäufe vorgeworfen werden, droht eine mehrjährige Haftstrafe. Da kommt es auf eine kluge Verteidigungsstrategie an. Der Vorwurf der Gewerbsmäßigkeit ist schnell erhoben, aber schwer zu beweisen. Liegt Gewerbsmäßigkeit schon vor bei nur 2 Verkäufen? Liegt Gewerbsmäßigkeit vor bei 5 Verkäufen, wenn der Gewinn je Verkauf bei 2 € lag? Wie ist die beste Verteidigung gegen den Vorwurf gewerbsmäßigen Verstoßes gegen § 29 BtMG? Mehr dazu in diesem Beitrag.
1. In welchen Fällen kann ein gewerbsmäßiger Verstoß nach § 29 BtMG vorliegen?
2. Was ist Gewerbsmäßigkeit i.S.v. § 29 BtMG?
3. Welche Strafe droht bei Anklage wegen Gewerbsmäßigkeit i.S.v. § 29 BtMG?
4. Was ist die beste Verteidigung bei Anklage wegegn gewerbsmäßigen Verstoßes gegen § 29 BtMG?
1. In welchen Fällen kann ein gewerbsmäßiger Verstoß nach § 29 BtMG vorliegen?
Die höhere Strafdrohung droht (u.a.) in folgenden Fällen: Wenn der Beschuldigte Betäubungsmittel unerlaubt
• anbaut
• herstellt
• mit ihnen Handel treibt
• sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt, erwirbt oder sich in sonstiger Weise verschafft,
Damit sind praktisch alle typischen unter Strafe gestellten Verhaltensweisen im Bereich der Betäubungsmittelgesetzes unter verschäfte Strafdrohung gestellt, wenn sie gewerbsmäßig begangen werden.
2. Was ist Gewerbsmäßigkeit i.S.v. § 29 BtMG?
Gewerbsmäßig handelt, wer sich aus wiederholter Tatbegehung eine fortlaufende Einnahmequelle von einiger Dauer und einigem Umfang verschaffen will.
Die wesentlichen Merkmale sind also:
• wiederholte Tatbegehung (2.1.)
• fortlaufenden Einnahmequelle (2.2.)
2.1. Wiederholte Tatbegehung
Nur wer nachweisebar wiederholt auffällig geworden ist, kann wegen Gewerbsmäßigkeit angeklagt werden. Dieses Merkmal bereitet in der Praxis in der aller Regel wenig Schwierigkeiten.
2.2. Fortlaufende Einnahmequelle
Hier sind die wesentlichen Möglichkeiten einer Verteidigung.
Denn nicht genügend ist, wenn es dem Beschuldigten nur auf geringfügige Nebeneinnahmen ankommt (liegt häufig vor, wenn im Freundeskreis Drogen nur geringfügig über Einkaufspreis weiter gegeben werden).
An der Gewerbsmäßigkeit kann es auch fehlen, wenn die Gewinnspanne gering ist (typisch bei Weiterverkauf von kleinen Marihanamengen, wo die Gewinnspanne z.Tl. bei 1-2 € liegt)
Gegen Gewerbsmäßigkeit kann sprechen, wenn der Beschuldigte die Drogen günstiger als marktüblich abgibt (auch wenn ihm noch ein Gewinn verbleibt).
Erzielt ein Straßendealer aus 3 Einzelverkäufen Gewinne von ca. 10-20 €, scheidet Gewerbsmäßigkeit in der Regel aus.
Dies sind nur einige Denkansätze.
In jedem Fall muss der Fall auf seine Einzelheiten geprüft werden. Lässt sich die Gewerbsmäßigkeit nicht halten, lässt sich die hohe Strafdrohung für die gewerbsmäßige Tatbegehung nicht durchsetzen.
3. Welche Strafe droht bei Anklage wegen Gewerbsmäßigkeit i.S.v. § 29 BtMG?
Mindestens 1 Jahre Haft!
Wer 2 gramm Marihuana verkauft und wegen gewerbsmäßiger Tat angeklagt ist, dem droht ein Jahr Haft.
Wir bei derselben Tat keine Gewerbsmäßigkeit angenommen, gibt es eine kleine Geldstrafe oder das Verfahren kann eingestellt werden!
Typisch bei Anklagen wegen im BtM-Bereich wegen gewerbsmäßiger Tatbegehung ist, dass eine mehrere Taten angeklagt sind. Dann droht dem Betroffenen einen mehrjähige Haftstrafe.
Zwar wird häufig eine mehrjährige Haftstrafe durch eine Gesamtstrafenbildung verhindert, dennoch drohen real schnell Haftstrafen von 1 – 3 Jahren.
4. Was ist die beste Verteidigung bei Anklage wegen gewerbsmäßigen Verstoßes gegen § 29 BtMG?
Wegen der hohen Strafdrohung ist eine sorgfältige Verteidigung von allergrößter Bedeutung. Nach meiner Erfahrung neigen die Staatsanwaltschaften dazu, allzu schnell die Anklage wegen gewerbsmäßiger Tat zu erheben. Ich habe vielfach erlebt, dass die Gerichte wenig sorgfältig aufklären, ob tatsächlich von Gewerbsmäßigkeit ausgegangen werden kann.
Kern einer Verteidigungsstrategie ist daher zuerst die genaue Analyse, welche Argumente der angenommenen Gewerbsmäßigkeit entgegen gesetzt werden können.
Dann ist es Aufgabe der Veteidigung, das Gericht schon im Vorfeld eines Termins darauf aufmerksam zu machen, dass sich die Anklage wegen Gewerbsmäßigkeit in einem Termin voraussichtlich nicht wird halten lassen.
Bei Anklage wegen gewerbsmäßiger Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz bekommt der Angeklagte einen Pflichtverteidiger. Dann zahlt der Staat die Anwaltskosten.
Nicht immer ist eine Pflichtverteidigung sachgerecht.
Wer die Kosten selbst tragen muss, sollte folgenden Rahmen kalkulieren:
Mindestkosten für eine Verteidigung mit einem Tag Gerichtstermin: ca. 850,00 €.
Beratungen sind weitaus günstiger, aufwandsbezogen zwischen 50 – 200,00 €.
Wenn Sie Interesse haben, mailen Sie mir (tarneden@tarneden.de) oder rufen mich an: 0511. 220 620 60.
© RECHTSANWALT ROLF TARNEDEN