Anrechnung einer früheren Aufenthaltszeit für die Einbürgerung in Deutschland
Eine Einbürgerung ist zumeist nur dann möglich, wenn der Einbürgerungsbewerber mindestens 8 Jahre durchgehend in Deutschland gelebt hat. Es gibt Fälle, in denen Einbürgerungsbewerber zwar 8 Jahre in Deutschland gelebt haben, aber nicht am Stück, sondern (z.B.) zunächst 5 Jahre, danach 4 Jahre Ausland und dann wieder 3 Jahre Deutschland. Nach deutschem Einbürgerungsrecht ist es möglich, dass die Zeit des Voraufenthaltes in Deutschland (im Beispiel 5 Jahre) und die Zeit des aktuellen Aufenthaltes (im Beispiel 3 Jahre) angerechnet wird, im Beispiel also: 5 + 3 Jahre = 8 Jahre. Dann wären die 8 Jahre Wartezeit erfüllt und eine Einbürgerung ist möglich (vorausgesetzt die übrigen Einbürgerungsvoraussetzungen liegen vor). In welchen Fällen ist eine Anrechnung möglich? Wie viel der Voraufenthaltszeit kann angerechnet werden? Muss oder kann eine Anrechnung erfolgen? Mehr dazu in diesem Beitrag.
1. Wie lange muss der Aufenthalt unterbrochen sein?
2. Wieviel Voraufenthaltszeit kann maximal angerechnet werden?
3. Kann oder muss der Voraufenthalt angerechnet werden?
4. Werden die vollen 5 Jahre Voraufenthalt immer angerechnet?
5. Kontaktaufnahme zum Anwalt. Anwaltskosten?
1. Wie lange muss der Aufenthalt unterbrochen sein?
Unterbrechung für mehr als 6 Monate
Nach dem Gesetz muss der Aufenthalt für mehr als 6 Monate unterbrochen sein. Das ist klar. Kurzunterbrechungen (Urlaub) oder ähnliches führen in der Regel nicht zur Unterbrechung des gewöhnlichen Aufenthaltes.
Sonderregel für EU-Bürger: Bei EU-Bürgern können Aufenthalte von bis zu 12 Monaten unbeachtlich sein. Dies gilt dann, wenn der Aufenthalt aus wichtigem Grund erfolgt ist, insbesondere auf Grund einer Schwangerschaft und Entbindung, schweren Krankheit, eines Studiums, einer Berufsausbildung oder einer beruflichen Entsendung, §§ 12b Abs. 1 StAG i.V.m. 4a Abs. 6 FreizügG/EU.
2. Wieviel Voraufenthaltszeit kann maximal angerechnet werden?
Nach dem Gesetz können maximal 5 Jahre angerechnet werden.
Daraus ergibt sich:
Wer früher 10 Jahre in Deutschland gelebt hat, kann maximal 5 Jahre angerechnet bekommen.
Wer früher 5 Jahre in Deutschland gelebt hat, kann sich maximal 5 Jahre anrechnen lassen.
Wer früher 3 Jahre in Deutschland gelebt hat, kann sich maximal nur 3 Jahre anrechnen lassen.
Wichtig: Im Regelfall ist eine Einbürgerung nur dann möglich, wenn der Einbürgerungsbewerber insgesamt 8 Jahre gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hatte. Wer nach einer mindestens 5-jährigen Ausreise nach Deutschland zurück kehrt, muss also zunächst wieder 3 Jahre in Deutschland gelebt haben, ehe bei maximaler Anrechnung der 5 Jahre insgesamt die Aufenthaltszeit von 8 Jahren erreicht werden kann.
3. Kann oder muss der Voraufenthalt angerechnet werden?
Er kann (muss also nicht): Das ist wichtig: Die Entscheidung über die Anrechnung steht im behördlichen Ermessen. Das bedeutet, dass nur in ausgewählten Fällen eine Anrechnung erfolgt. Eine Anrechnung des früheren Inlandsaufenthaltes erfolgt insbesondere dann, wenn es sich nicht um einen lediglich vorübergehenden Aufenthalt gehandelt hat, sondern einen gewöhnlichen Aufenthalt, der eine Integration im Bundesgebiet zu vermitteln geeignet war. Zu berücksichtigen ist auch, inwieweit der spätere Aufenthalt im Inland geeignet ist, die nötigen Integrationsanforderungen zu erfüllen. Günstig wirken sich in der Regel aus:
- gute Kenntnisse der deutschen Sprache
- wirtschaftliche Integration
- in der Zeit des Voraufenthaltes wurde der EinbürgerungsbewerberIn Vater oder Mutter eines deutschen Kindes (günstig wäre, wenn zur Zeit der Einbürgerung zu dem deutschen Kind noch Kontakt besteht)
- der Einbürgerungsbewerber ist beim Voraufenthalt mit einem Deutschen verheiratet (idealerweise auch noch zur Zeit des Einbürgerungsverfahrens)
- der Einbürgerungsbewerber war in der Zeit der Unterbrechung für einen deutschen Konzern im Ausland tätig
- …
Entscheidend ist letztlich der Einzelfall. Vertrauen Sie auf meine Erfahrung von fast 20 Jahren im Einbürgerungs- Staatsangehörigkeits- und Ausländerrecht. Mit Erfolg habe ich im Jahr 2018 für einen Mandanten durchgesetzt, dass sein Voraufenthalt angerechnet wurde, nachdem die Einbürgerungsstelle dies zunächst abgelehnt hatte.
4. Werden die vollen 5 Jahre immer angerechnet?
Die Einbürgerungsbehörde hat auch ein Ermessen, ob sie die vollen 5 Jahre anrechnet oder z.B. nur 2 oder 4 Jahre. Die maximale Anrechnung der vollen 5 Jahre kommt insbesondere dann in Betracht, wenn während der Zeit des Auslandaufenthaltes enge Bindungen zu Deutschland aufrecht erhalten wurden. Nur dann kann dem angerechneten Voraufenthalt ein so starke integrierende Bedeutung beigemessen werden, das die maximale Anrechnung gerechtfertigt ist.
Weiter spielt hier natürlich eine Rolle, was der Ausländer während des Auslandsaufenthaltes gemacht hat.
Weiter kann von großer Bedeutung sein, ob der aktuelle Aufenthalt an den früheren Aufenthalt anknüpft (z.B. Kontakt zum deutschen / in Deutschland lebenden Kind, Familienangehörigen), Berufstätigkeit in derselben Branche oder derselben Firma…
Diese Fälle sind letztlich alles Einzelstücke, die individuell betrachtet werden müssen.
5. Kontaktaufnahme zum Anwalt. Anwaltskosten?
Bei Interesse mailen (tarneden@tarneden.de) Sie mir.
Als Beratungsformat empfehle ich die gutachterlichen Prüfung zum Preis von 349,00 € (Nachfragen, auch telefonisch, inbegriffen). Nur eine telefonische Beratung zu diesem Fragenkreis biete ich nicht an (die Ergebnisse einer nur telefonischen Beratung sind erfahrungsgemäß unbrauchbar).
Eine Vertretung kostet mindestens 1.000,00 €
© Rechtsanwalt Rolf Tarneden