Abfindungsvergleich nach Verkehrsunfall
Gerade bei Verkehrsunfällen mit schweren Schäden (wie Minderung der Erwerbsfähigkeit, Dauerschaden…) kann die Abwicklung eines Verkehrsunfalles langjährige Prozesse nach sich ziehen. Ein probates Mittel zur Lösung kann eine Abfindungsvergleich sein. Er bietet die Möglichkeit, durch eine Abfindungsvereinbarung zu erreichen, dass als gerechter Ausgleich ein bestimmte Abfindungssumme gezahlt wird: Durch diese Zahlung sollen alle Schmerzensgeld- und Schadenersatzansprüche abgegolten sein. Für die Versicherung bietet sich der Vorteil, dass sie eine langjährige Sachbearbeitung damit abwenden kann. Der Abschluss eines Abfindungsvergleiches will gut überlegt sein. Er birgt Chancen und Risiken zugleich. In welchen Konstellation bietet sich ein Abfindungsvergleich an? Welche Risiken sollten bedacht werden? Wie berechnet sich die Abfindungssumme? Mehr dazu in diesem Beitrag.
1. Wann ist ein Abfindungsvergleich nach Verkehrsunfall von Vorteil?
2. Sind auch Arzt- und Krankenhauskosten vom Abfindungsvergleich betroffen?
3. Welche Risiken sind zu bedenken?
4. Wie berechnet sich die Abfindungssumme?
5. Wann kann ein Abfindungsvergleich geschlossen werden?
1. Wann ist ein Abfindungsvergleich nach Verkehrsunfall von Vorteil?
Der Hauptvorteil liegt in einem abgekürzten Verfahren anstelle eines jahrelangen Prozesses. Beispiel: ein Unfallopfer hat schwere Verletzungen erlitten und befindet sich seit vielen Monaten in Behandlung. Eine Ende der Reha ist nicht in Sicht. Spätfolgen sind absehbar. Beruflich muss der Betroffene unfallbedingt weniger arbeiten. Wenn der Betroffene eine Umschulung macht, könnte er in einem anderen Beruf gleiches Geld verdienen. An diesem Beispiel kann man Vor- und Nachteile schön erklären.
Ohne Abfindungsvergleich:
-lange gerichtliche Auseinandersetzung um Einkommensverlust
-Streit um Kosten für Umschulung
-Streit um Höhe des Schmerzensgeldes
-endlose Vorlage von Attesten und Gutachten
-psychische Belastung durch das lange Verfahren, viele Besprechungen mit Rechtsanwalt…
Mit Abfindungsvergleich
-es wird zur Abgeltung aller Schäden ein Gesamtpaket geschnürt, d.h. eine bestimmte Schadensumme vereinbart
-diese wird errechnet anhand eines üblichen Schmerzensgeldes, den Kosten für eine Umschulung…
-wenig Stress durch kurze Verfahrensdauer
Zusammenfassung
Wie sich aus vorstehendem ergibt (z.B. Minderung der Erwerbsfähigkeit), kommt der Abfindungsvergleich im Wesentlichen bei schweren Verletzungsfolgen zur Anwendung.
Mit einer einmaligen Abfindungssumme kann z.B. ein Ziel erreicht werden, dass bei monatlichen Zahlungen nicht oder nur schwer erreichbar ist. Beispiel: Der Einkommensnachteil von monatlich 200,00 € wird von der Versicherung ausgeglichen. Durch eine Umschulung könnte eine andere Tätigkeit erreicht werden, bei der der Einkommensverlust ausgeglichen wird.
Wer monatlich die 200,00 € nimmt, wird möglicherweise Jahre brauchen, die Kosten für eine Umschulung (Schulkosten und Lebensunerhalt) anzusparen.
Wer als Sofortzahlung die Schul- und Ausbildungskosten durch einen Vergleich erhält und dafür auf die monatlich 200,00 € verzichtet, fährt dann evtl. besser.
Letztlich ist es natürlich immer eine Frage des Einzelfalles.
2. Sind auch Arzt- und Krankenhauskosten vom Abfindungsvergleich betroffen?
Nein, der Abfindungsvergleich bezieht sich insbesondere auf Schmerzensgeld und andere Dauernachteile (z.B. Minderung der Erwerbsfähigkeit, Einkommensnachteile, Hauhaltsführungsschaden (d.h. Bedarf einer Haushaltshilfe)…).
Die Arztkosten können gerade bei schweren Verletzungen und Dauerschäden – gerade hier bietet sich der Abfindungsvergleich an – später noch sehr hoch sein. Sie dürfen daher nicht zum Gegenstand des Vergleiches gemacht werden.
3. Welche Risiken sind zu bedenken?
Zunächst muss jeder Betroffene seine persönliche Situation genau analysieren und prüfen, ob ein Abfindungsvergleich für ihn wirklich Vorteile bringt. Zudem heißt „Vergleich“ im Rechtssinne auch, dass man selbst auf etwas verzichtet, d.h. in der einen Position lässt man etwas nach, um in einer anderen Position etwas zu erreichen, was man sonst nicht erreichen kann.
Wer einen Vergleich einmal geschlossen hat, ist dann ein für allemal mit weiteren Einwendungen ausgeschlossen. Wohl am wichtigsten ist auf Krankheitskosten hinzuweisen. Wer nach dem Abfindungsvergleich krank wird und Lohnfortzahlung vom Chef erhält, muss folgendes bedenken. Der Chef kann sich – ohne Abfindungsvergleich – die Krankheitskosten (Lohnfortzahlung) von der Versicherung zurück holen. Gibt es einen Abfindungsvergleich, ist das nicht mehr möglich. Dann muss der Betroffene seine Krankheitskosten selbst zahlen!
Jeder muss bei seinem Fall gründlich prüfen, ob er diesen Nachteil in Kauf nehmen will. Eine Entscheidung, die letztlich nur jeder für sich selbst verantworten kann.
4. Wie berechnet sich die Abfindungssumme?
Das ist der Kreativität von Mandant und Anwalt überlassen.
Einstieg sind immer die Schmerzensgeldtabellen. Beim Abfindungsvergleich geht es aber nicht darum, nur nach Tabellenwerten abzurechnen. Wenn sich ein Fall tabellenmäßig klar einordnen lässt, gibt es eigentlich keinen Grund, einen Vergleich zu schließen.
Gerade Unklarheiten und Risiken eines (möglichen) Gerichtsverfahrens gilt es zu zu bewerten und einen Lösungsvorschlag in Geld zu beziffern. Das ist die Aufgabe im Mandat.
5. Wann kann ein Abfindungsvergleich geschlossen werden?
Jederzeit, also vor einem gerichtlichen Verfahren, aber natürlich auch während einer gerichtlichen Auseinandersetzung.